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■ Die Stockholm-Attentäter der RAF bleiben in HaftWo ist Kinkel?

Die Gerichte sind in diesem Lande unabhängig. Solange uns diese bürgerliche Errungenschaft erhalten bleibt, wird es neben liberalen, fortschrittlichen und wegweisenden auch reaktionäre, unpolitische oder einfach nur dumme Entscheidungen geben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat diese banale Erkenntnis einmal mehr bestätigt. Natürlich hätten die Richter den RAF-Gefangenen nach bald achtzehn Jahren Haft den ganz kleinen Sieg in der ganz großen Niederlage zubilligen können. Karl-Heinz Dellwo, Hanna Krabbe und Lutz Taufer wollten sich nicht von einem Psychiater, sondern von einem Kriminologen auf ihre Ungefährlichkeit hin untersuchen lassen. Der Buchstabe des Gesetzes verlangt schlicht einen Sachverständigen. Es wäre also möglich gewesen. Die Richter wollten es nicht, sei es aus kleinlicher Rechthaberei, sei es, weil sie die Stockholm-Attentäter ohnehin weiter hinter Gitter sehen wollen. Es ist unwichtig.

Was vor gut einem Jahr unter dem Namen Kinkel- Initiative – auch an dieser Stelle – als erster Versuch gefeiert wurde, die anachronistisch gewordene Auseinandersetzung zwischen den Resten einer linken Guerilla und dem hochgerüsteten Staat zu einem für alle Seiten erträglichen Abschluß zu bringen, hat sich als typischer Kinkelscher Luftballon erwiesen: Er steigt laut und platzt leise. Mit dem Hauptdarsteller, so scheint es, verflüchtigte sich auch der politische Wille, die einmalige Chance zu nutzen. Die ergab sich vor mittlerweile zehn Monaten, als die RAF und die RAF-Gefangenen ihre Niederlage eingestanden und den bewaffneten Kampf aussetzten. Ein Einschnitt nach zwanzig Jahren, der bis heute ohne die Spur einer staatlichen Antwort geblieben ist.

Der Sicherheitsapparat gerät angesichts der Düsseldorfer Entscheidung, die so überraschend nicht kam, in helle Aufregung. Man fürchtet öffentlich schaudernd, daß des Ex-Justizministers Luftballon doch noch laut knallt. Verantwortlich für die nun entstandene Situation sind viele, deren politische und juristische Phantasie über den nächstliegenden Paragraphen nicht hinausreicht. Daß das, gerade wenn es um den Linksradikalismus geht, so ist, wußten die politisch Verantwortlichen in Bonn vorher. Vorkehrungen gegen das mögliche Versagen der unabhängigen Justiz haben sie dennoch nicht getroffen. Im Gegenteil. Seit der „Waffenstillstands-Erklärung“ der RAF haben sich die Bonner Anti-RAF-Strategen anderen Themen zugewandt. Das ist verständlich und unverzeihlich zugleich. Gerade, weil die linke Guerilla nicht mehr die Schlagzeilen beherrscht oder als Treibsatz für populistische Wahlkampfeinsätze taugt, wäre die politische Überwindung der aus der Vergangenheit übriggebliebenen Auseinandersetzung möglich.

Wo aber ist Kinkel, wo seine Nachfolgerin, wo der Kanzler und wo der Bundespräsident? Gerd Rosenkranz

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