Die Schweiz warnt Afrika: Albtraum Alpen
Die Schweiz zeigt abschreckende Werbespots, mit denen sie afrikanische Einwanderer fernhalten will.
Ein Afrikaner ruft seinen Vater in der Heimat an und berichtet von seinem guten Leben in der Schweiz. Der Mann lügt. Stattdessen muss er Dauerregen ertragen und betteln. Ständig ist er auf der Flucht vor der Polizei. Dieses unschöne Schweiz-Bild vermittelt ein Werbeclip, der momentan in Kamerun und Nigeria gezeigt wird. Die Botschaft ist klar: Das vermeintliche Paradies bietet Afrikanern keine Perspektiven, sondern nur ein Leben in Armut und Angst.
Der abschreckende Spot ist Teil einer sogenannten Sensibilisierungskampagne der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Finanziert wird das Projekt von dem Schweizer Bundesamt für Migration und auch von der Europäischen Union, die den Spot vielleicht auch europaweit senden will. "Ziele des Videos sollen die Zerschlagung von Schlepperbanden und die Vermeidung von menschlichen Dramen sein, die sich häufig aus falschen Illusionen über Europa ergeben", sagt ein Sprecher des Migrationsamtes in Bern. "Leaving is not always living", heißt es im Abspann. In Afrika arbeite man mit den Behörden zusammen. Da die Kampagne erst seit kurzem läuft, lassen sich Erfolge noch nicht beziffern. Die Botschaften sollen ganze 36 Monate gezeigt werden - und zwar zu den besten Sendezeiten.
Yann Golay von der Schweizer Flüchtlingshilfe begrüßt die Kampagne: "Wir müssen deutlich auf die Lebensgefahren hinweisen, die mit einer Flucht nach Europa einhergehen", so Golay. Trotzdem fordert er eine deutliche Unterscheidung zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und politisch Verfolgten, denen man unbedingt Asyl gewähren müsse.
Eine Unterscheidung, die in dem Spot nicht gemacht wird. Gemeint sind alle Flüchtlinge, egal ob sie gefoltert werden oder aus sozialen Gründen in die Schweiz wollen. Und die angeblichen guten Absichten verschleiern das eigentliche Interesse der Kampagne: Indem die Schweiz als trostloser Ort dargestellt wird, sollen Asylbewerber schon vor der Auswanderung aus ihrem Heimatland abgeschreckt werden. Es ist zwar nichts Neues, dass Menschen aus Entwicklungsländern bereits zu Hause über die Gefahren einer Flucht informiert werden - bisher allerdings bei Podiumsdiskussionen. Das Filmprojekt aber ist neu.
Die dramatische Darstellung und der erhoffte Erfolg sind fraglich. Unglaubwürdig ist vor allem die Kombination aus Absender und Botschaft der Anti-Werbung: Denn die Schweiz und Europa lassen es sich gerne viel kosten, ein gutes Image in der Welt zu verbreiten. "Präsenz Schweiz", die Image-Agentur des Landes, gibt jedes Jahr Millionen aus, um das Land im besten Licht darzustellen.
Momentan preisen fesche Skilehrer in Fernsehspots und auf Plakaten die Attraktivität des kleinen Landes. Aber so etwas ist für zahlende Kunden gedacht und nicht für Afrikaner. Die Kampagne soll jedenfalls trotz Kritik fortgeführt werden.
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