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■ Die SPD zerfällt, bis zur Selbstbedienung nichts mehr bleibtPudding im Nebel

Das öffentliche Entzücken verrät die Lust am Niedergang und am Mord von politischem Personal und von Politik. Der Anlaß ist die Konkurrenz um die SPD-Kanzlerkandidatur. Der eine, berechenbar verharrend, dröge und steif, suggeriert Sicherheit. Der andere, berechenbar wechselhaft, gierig und showtalentiert, suggeriert Wagnis. Die Methoden sind antipathisch nach Talent und Charakter, die Substanz nicht. Beide sind machtorientiert und darin kleinkariert. Beide sagen: Ich bin ich, ich bin der Größte. Wie die von gestern, namens Kohl oder Schmidt. Der eine wedelt der „Arbeiterschaft“ mit Schutz, der andere mit Markt, sie praktizieren beides je nach Gegebenheit. Der Opportunismus unterscheidet sie nicht und auch nicht die Abweichung nach rechts.

Die Rufe nach Ordnung und Abstrafung, die lächerliche Entlassung aus dem umzäunten Gärtchen – das alles hat den gleichen Grund, aus dem sich Schröder der Ordnung entzieht: der eigene Machterhalt. Die Kämpfe um ihn verselbständigen sich, wo sonst nur torkelnd nach Pudding im Nebel gesucht wird. Die SPD hat keine Kriterien und Ziele mehr. Alle gehen auf Nummer Sicher, vor allem für sich selbst.

Trotzdem ist der Streit der Widerschein eines Unterschiedes im Ziel, festgemacht am Stil, sei es aus (Un-)Vermögen oder aus Überzeugung. Jeder verkauft nur noch sich selbst als Kapital auf dem Markt, die einen in Absetzung von der Sippschaft, die anderen unter deren Ausnutzung. Schröder macht es nur noch allein. Lediglich seine Ehefrau ist sein persönliches Zusatzkapital, auch darin anscheinend ganz modern und doch nur eine schwache Kopie Clintons. Das Glanzlose, die Arbeit, gar die Armut, findet in der Medienbilderwelt keine Widerspiegelung. Und der aufregendere Schurke beflügelt allemal mehr, wenigstens die negativen Phantasien. Drum sehnt er sich jetzt auch nach einem Volksentscheid.

„Individualismus“ oder „Persönlichkeit“ gegen „Solidarität“ oder „Parteidisziplin“ – hinter beiden steht ein Darwinismus. Wer allein nicht mithalten kann, tut es im Bunde. Schröder ist die aktuelle Spitze einer tatsächlichen „Zeitgemäßheit“ der SPD, nämlich der Entmachtung und Selbstentmachtung von Politik. Er verkörpert ihre fortschreitende Auflösung in Management, vornehmlich der eigenen Person, und in das Spiel eines Mediengurus.

Die SPD, einst wollte sie mehr als andere gestalten, verfällt – jedesmal unter heftigem Zucken, Aufbäumen und Leiden – weiter, vorangetrieben von beinahe allen AkteurInnen. Das wird so weitergehen, bis zur Selbstbedienung nichts mehr bleibt. Mechtild Jansen

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