Die SPD schickt Walter in die Wüste

■ Die Parteispitze der SPD empfiehlt dem heutigen Parteitag, eine große Koalition einzugehen — aber ohne Momper/ Zentrale Felder: Mieten, Arbeitsmarkt, Frauenpolitik und Deeskalation/ Kreuzberger Sozis wollen im Senat nicht überstimmt werden

Berlin. Nach der vernichtenden Wahlniederlage der SPD am Wochenende zeichnet sich eine Demontage des Spitzenkandidaten und Wahlverlierers Walter Momper ab: Auf der gestrigen Sitzung des SPD- Landesausschusses wurde Momper von der Parteilinken wie der -rechten die Schuld an dem schlechten Abschneiden der SPD gegeben. Als neuer Star rückt Ex-Fraktionschef Ditmar Staffelt ins Rampenlicht, der Aussichten auf den Bürgermeisterposten und die Nachfolge Mompers als nächster Spitzenkandidat hat. Momper erklärte nach der Sitzung, die drei Parteispitzenämter sollten in Zukunft von drei Personen wahrgenommen werden: Fraktionschef, Bürgermeister und Landesvorsitzender sollen danach auf verschiedene Personen verteilt werden. »Für mich ist der Parteivorsitz ein wichtiges Amt«, erklärte Momper, der vermutlich auf dem morgigen Parteitag der SPD auf diese Funktion abgeschoben werden wird. Entschieden werden soll dort auch über den Eintritt in die Große Koalition: Die SPD will sich nicht bedingungslos in die Arme von Eberhard Diepgens CDU stürzen. Über die programmatischen Eckpunkte ist die Diskussion bereits entbrannt. Eine Koalition mit der CDU soll nur eingegangen werden, wenn »die sozialen und politischen Interessen der BerlinerInnen gewahrt« werden. Als »Essentials« gelten den Sozis die Kernaussagen ihres Wahlprogramms: ökologischer Stadtumbau, aktive Arbeitsmarktpolitik, eine Mietpreisbindung für ganz Berlin, Frauenpolitik und Deeskalation.

Im Vorfeld des Parteitages wurden in einzelnen Kreisverbänden bereits genauere Vorstellungen über das künftige Regierungsbündnis erarbeitet. Für den rechten Flügel komme es vor allem auf drei Schwerpunkte an, sagte der Steglitzer Kreisvorsitzende Ernst Luuk zur taz. Neben der Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und West-Berlin müsse die Bekämpfung der Wohnungsnot obenan stehen, daneben der Themenkomplex »Innere Sicherheit«. Während die CDU mit diesem Katalog kaum Schwierigkeiten haben dürfte, hätte sie mit einer anderen Liste, die die Kreuzberger SPD bereits beschlossen hat, sicherlich mehr Kröten zu schlucken. So müsse es durch Verhandlungen mit der Bundesregierung gelingen, daß die Berlinzulage erst ab 1993 abgebaut wird. Auf der Wunschliste stehen ein von Bonn finanziertes Sonderprogramm für mehr Arbeitsplätze und eine gemeinsame Bundesratsinitiative der Koalitionspartner für eine »selbstbestimmte Schwangerschaft«. »Unverzichtbar« sei zudem eine öffentliche Diskussion und ein Volksentscheid über die neue Berliner Verfassung und eine »weitere Verstärkung der Mittel für den öffentlichen Nahverkehr«. Als »Lehre aus der Vergangenheit« verlangt die Kreuzberger SPD von der CDU, was die SPD der AL nie zugestanden hatte: Eine Überstimmung des kleineren Koalitionspartners im Senat soll »ausgeschlossen« werden. kd/hmt