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Archiv-Artikel

„Die SPD könnte uns noch stoppen“

Obwohl das Treffen zwischen SPD-Schiedskommission und Linkspartei-Rebellen scheiterte, hoffen diese noch immer auf eine Einigung. Wenn nicht, wollen sie erst einen Verein gründen und im Herbst dann eine eigene Partei

taz: Herr Ernst, am Donnerstag ist der Termin mit der Schiedskommission der SPD gescheitert. Treten Sie und die vier anderen Rebellen jetzt aus und gründen endlich die neue Linkspartei?

Klaus Ernst: Nein, da ist noch nichts entschieden. Wir sind ja noch nicht einmal als Verein eingetragen …

die Schiedskommission ist zu dem Termin nicht erschienen, offenbar will man Sie in der SPD nicht. Wie deutlich muss es denn noch werden?

Der Termin war nicht der offizielle Termin für eine Schiedsverhandlung. Vielmehr wollte uns die Schiedskommission der bayrischen SPD die Gelegenheit geben zu einer gütlichen Erörterung der Lage. Aber wir sollten in Einzelgesprächen verhört werden, das haben wir abgelehnt.

Warum?

Weil es sich bei unserer Initiative nicht um das Vorgehen eines Einzelnen handelt. Wir alle wollen, dass sich die Politik der SPD ändert, deshalb macht es wenig Sinn, uns in Einzelgesprächen weich klopfen zu wollen.

Aber zum eigentlichen Termin mit der Schiedskommission am 29. Mai gehen Sie hin? Auch da sind Einzelgespräche vorgesehen.

Wir diskutieren das, entschieden haben wir noch nichts.

Was erhoffen sie sich noch von einem solchen Gespräch?

Wenn die SPD ihren Kurs grundsätzlich ändert, könnte man die Initiative noch stoppen. Allerdings sehe ich die Chancen dafür immer pessimistischer.

Sie würden die Arbeit des vergangenen halben Jahres stoppen? Sie haben bereits Regionaltreffen veranstaltet, Sie haben viele Sympathisanten …

… wie gesagt, die Initiative ist nichts, was man nicht rückgängig machen könnte. Allerdings nur dann, wenn die SPD von ihrem neoliberalen Kurs ab- rückt.

Also wenn die SPD am 29. Mai nicht die Agenda 2010 zurücknimmt, gründen Sie Ihre Partei?

Wenn die SPD ihre Politik fortsetzt, werden wir einen Verein gründen. Die Mitglieder dieses Vereins werden dann im Herbst in einer Urabstimmung entscheiden, ob wir eine Partei gründen oder nicht. Die Mehrheit wird wohl dafür sein. Und im nächsten Jahr könnte diese Partei zur Bundestagswahl antreten.

Im Herbst? Die Wahlalternative will schon am 20. Juni bei einem Treffen in Berlin über das Gründen einer Partei diskutieren.

Das ist ein Kongress, den allein die Wahlalternative durchführt. Wir werden dort sein, aber nicht als Veranstalter in Erscheinung treten.

Also gehen beide Initiativen doch getrennte Wege bei einer Parteigründung?

Nein. Eine gemeinsames Vorgehen wird intensiv diskutiert. Ich denke, so wird es auch kommen. Wir haben ja auch gemeinsame Ansprechpartner und machen gemeinsame Regionaltreffen.

Wollen Sie zu den Landtagswahlen im Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen antreten?

Das wird dort diskutiert, aber ich sehe das skeptisch. Erstens wird das vom zeitlichen Rahmen her für uns schwierig, und zweitens werden die grundsätzlichen Fehlentscheidungen auf Bundesebene getroffen.

Werden Sie Parteichef?

Mit diesem Problem beschäftigen wir uns nicht. Wenn Sie ein Schiff bauen wollen, brauchen Sie auch erst einmal die Bauteile und später auch eine Mannschaft. Den Kapitän suchen sie sich zum Schluss.

Aber wenn Sie zu lange brauchen, läuft Ihr Schiff zu spät vom Stapel.

Das wird nicht passieren. Über so etwas entscheiden wir nach der Parteigründung.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ