■ Die Republik hat ihren ersten grünen Oberbürgermeister: Keine Botschaft für Bonn
Die Grünen zwischen Neckar und Bodensee waren schon immer die Besten im Verein. Als erste im Landtag, die besten Wahlergebnisse in einem Flächenstaat, der erste grüne Bürgermeister. Stets fit in Programmproduktion, Parteireform und Mitgliederwerbung. Die Landespolitiker mit Ideen und Initiativen, die Kommunalpolitiker verwurzelt in gutbürgerlichen, moderat-alternativen, wertkonservativen Milieus. Und jetzt also der erste grüne Oberbürgermeister der Republik.
Sie können vieles, trauen sich alles zu, aber von der Macht im Ländle sind sie weiter entfernt als viel schwächere Grünen-Verbände in nördlichen Gefilden. Die CDU ist besonders konservativ, die SPD besonders schwach, Rot-Grün besonders unbeliebt. Bevor sie sich zu Tode siegen, träumen sie verwegene Träume. Den einer grünen Volkspartei beispielsweise, die das Häusle, die Ökologie und die allseitige Tüchtigkeit zusammenspannt. Oder das Jenseits-von- links-und-rechts, mit dem man sich über die widrigen Machtverhältnisse im Land hinwegdenken kann. Oder den Traum von der ersten schwarz-grünen Landesregierung in Deutschland.
Sie träumen nicht nur, sie machen auch Kommunalpolitik. Die Bedingungen sind günstig in Baden- Württemberg, wo seit langem das Monopol von CDU und SPD gebrochen, Wählerinitiativen und die Direktwahl von (Ober-)Bürgermeistern Raum geben für das Unkonventionell-Solide. Aber man darf es nicht hochrechnen aufs Land oder gar den Bund. Die Bürger kennen die Unterschiede zwischen den Ebenen sehr gut, sondieren ihre Waltbeteiligung und das Risiko ihrer Stimmabgabe. Für ein paar Korrekturen gibt es immer gute Gründe.
Es geht keine strategische Botschaft aus von solchen Siegen der local heroes. Auch wenn Rezzo Schlauch, diese Vereinigung von David und Goliath in der machtvollen Figur eines Volksmannes, bald das Stuttgarter Rathaus erobert – in Bonn wird man dadurch nicht schlauer.
Man hat lange nichts gehört von den Grünen. Solange sie ins System einsickern und nicht versickern, sind sie aber immer noch mehr als die Fußnote zur Geschichte der 80er und 90er Jahre. Joachim Raschke
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