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Archiv-Artikel

Die Psychodynamik des Sammelns Kakteen und Zuckerstückchen

Von kam

Fragen an den Psychologen Gerd Möhlekamp, Leiter des sozialpsychiatrischen Dienstes im Bremer Gesundheitsamt

taz: Was für Menschen sammeln?

Möhlekamp: Da muss ich mich meinerseits erst mal sammeln. Sammeln ist etwas zutiefst Menschliches, weil es beruhigt. Die Menschen haben über Jahrtausende vom Sammeln und Jagen gelebt.

Heute hat das Sammeln von Briefmarken, Kakteen oder Zuckerstückchen etwas Meditatives: Man konzentriert sich auf etwas sehr Reduziertes. Das schirmt uns ab von der reizüberflutenden Außenwelt.

Wann wird Sammeln krankhaft?

Problematisch wird es, wenn ich ständig Druck habe, meine Sammlung zu vervollständigen. Vielleicht will ich mir dann eine wohlgeordnete, aber auch reiche kleine Welt schaffen und so einen Mangel in meinem Inneren kompensieren.

Wenn man sich finanziell ruiniert oder nur noch an das zu sammelnde Objekt denkt, müsste man das als Sucht bezeichnen. Die Wahrnehmung wird eingeengt.

Was mache ich, wenn ich mich mit meiner Porzellantassen-Sammlung völlig ruiniert habe und aussteigen will?

Dann würde ich Ihnen raten, zum Psychotherapeuten zu gehen und darüber nachzudenken, wofür Sie das brauchen. Denn jede Sucht ersetzt irgendetwas anderes.

Raten Sie zum „kalten Entzug“, soll man die Porzellantassen einfach wegschmeißen?

Nein, auf keinen Fall! Die Sammlungen sind doch oft wertvoll. Auch wenn man aufhört, kann man sie wertschätzen.

Haben Sie selbst schon mal etwas gesammelt?

Als Jugendlicher hab‘ ich mal Briefmarken gesammelt. Und eine Zeit lang war ich scharf auf Sperrmüll. Fragen: kam