Die Prognose eines Erdölhändlers: "Die Ölparty ist bald vorbei"
Auch wenn die Wirtschaftskrise Indien und China treffen sollte: Der Ölhändler Otto Wiesmann glaubt nicht, dass dies an dem derzeit hohen Ölpreis viel ändern würde.
taz: Herr Wiesmann, der Ölpreis steht bei mehr als 112 US-Dollar. Wie geht es jetzt weiter?
Otto Wiesmann: Das zeigt, dass die Ölparty bald vorbei sein wird. Uns geht das Öl aus. Mit Spekulation hat der Preis wenig zu tun. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich der Preis für ein Fass Rohöl verzehnfacht. Sprit und Heizöl werden noch teurer.
Steigt der Preis in sechs Monaten um 20 Dollar, wächst die Wirtschaft laut Ökonomen um 0,2 Prozent weniger. Das hieße: weniger Arbeitsplätze.
Nein, da bin ich ganz anderer Meinung, weil gerade der deutsche Export insbesondere in Ölförderländer sehr stark steigt und wir für alternative Energien weltweite Nummer eins sind.
Wird der Wirtschaftsabschwung in den USA die Nachfrage nach Erdöl bremsen?
Das ist zu vernachlässigen, weil die Nachfrage aus anderen Ländern, vor allem China und Indien, weiterhin kräftig steigt.
Aber laut Internationalem Währungsfonds werden auch China und Indien die Krise zu spüren bekommen.
Dann könnte der Ölpreis tatsächlich bis zu 20 Prozent zurückgehen.Aber nur bis zum Herbst, weil dann die Heizöllager wieder aufgefüllt werden müssen.
Seit Jahren hört man immer wieder: Jetzt geht das Erdöl zur Neige. Dabei findet man ja immer wieder neue Felder.
Das stimmt zwar, aber nur im Verhältnis eins zu sechs, das heißt: Es werden weltweit pro Jahr über 30 Milliarden Fass verbraucht, aber nur 5 bis 6 Milliarden Fass gefunden. 1990 hatten wir 15 Ölfelder, aus denen mehr als eine Million Fass zu 159 Litern pro Tag gefördert wurden. Heute gibt es noch 3. Die alten Ölfelder erschöpfen sich. Also, wer denkt, dass wir noch einmal billiges Öl kriegen, der glaubt auch an den Klapperstorch.
Warum warnen Sie als Ölhändler stets vor dem Ende des Öls? Sie verdienen schließlich Ihr Geld damit.
Wir haben wegen des Klimawandels und des Ölfördermaximums nicht mehr viel Zeit, um auf erneuerbare Energien umzusteigen. Aber um mich mache ich mir keine Sorgen: An der Börse gibt es immer etwas zu handeln. Ich steige dann auf andere Rohstoffe um, vielleicht Ethanol.
INTERVIEW: CHRISTINE ZEINER
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