Die Plagen des Sommers : Die unerträgliche Schwierigkeit, dankbar zu sein
Algen, die Badefreuden trüben
Vom Naturbad im sächsischen Pirna über das Zwischenahner Meer in Niedersachen bis zur Ostsee – die Blaualge sorgt derzeit vielerort für Schlagzeilen. Algenwarnungen sind natürlich nichts Sommer-2003-Spezifisches. Allerdings vermehren sich die Einzeller in diesem Jahr besonders rasant – begünstigt durch Hitze, viele Sonnenstunden und hohen Nährstoffgehalt in vielen Gewässern.
Das Erstaunlichste an ihr ist der Name. Die Blaualge färbt Wasser grün. Wahrscheinlich rührt ihr Name vom grün-bläulichen Chlorophyll her – es gibt 2.000 verschiedene Blaualgensorten – entsprechend viele Farbvarianten. Ob die Blaualgen nun Algen oder Bakterien sind – darüber streiten die Wissenschaftler. Unstrittig ist, dass wir den Blaualgen dankbar sein müssen: Erst sie ermöglichten Leben. Schon vor 2,5 Millarden Jahren bewohnten die Cyanobakterien die Erde und zählen deshalb zu den ältesten Lebewesen. Beim Wachsen produzierten sie den ersten Sauerstoff.
Bei aller Dankbarkeit: Weil die Blaualge beim Wachsen auch Toxine produziert, sind sie gefährlich. „Das sind vor allem Leber- und Nervengifte“, erklärt Stephan Pflugmacher vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. In hoher Konzentration aufgenommen, zerstören diese Gifte Körperzellen, reizen Haut, können sogar zur Atemlähmung führen. Pflugmacher: „Ich kann deshalb vom Baden im Algenwasser nur dringend abraten.“ Wer sein Abkühlungsbedürfnis dennoch nicht zähmen kann, solle sich vom Uferfernhalten. Dort bilden die Blaualgen stinkende, dicke, ölige Klumpen.
Nicht, dass gleich umfällt, wer im Algenwasser badet: Der menschliche Körper ist so konstruiert, dass er kleine Toxinmengen über den Urin ausscheidet. Der IGB-Forscher warnt aber vor größeren Mengen: „Es gibt kein Gegengift.“ Sein Tipp: Nach dem Schwimmen duschen und den Badeanzug wechseln. Nicht nur die Menschen leiden, sondern auch die Wasserfauna. Einerseits wegen der Toxine. Andererseits aber wegen des Sauerstoffs. Fehlt Sonne – also nachts – verbrauchen sie sehr viel Sauerstoff. So nannte das Düsseldorfer Umweltministerium die Algenplage als einen Grund des massenhaften Aalsterbens im Rhein. Die Feuerwehr Duisburg war gestern mit dem Beseitigen von mindestens einer Tonne Fischkadaver in einem alten Rheinarm beschäftigt. SIN