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■ Die AnderenDie „Ostsee-Zeitung“, „Der Tagesspiegel“, die „Berliner Zeitung“ und Die „Welt“ kommentieren die Forderung der PDS nach Straffreiheit für Mauerschützen

Die „Ostsee-Zeitung“ aus Rostock kommentiert die Forderung der PDS nach Straffreiheit für Mauerschützen: Opfer der Diktatur haben seit der Wende immer wieder angemessene Entschädigung und Rehabilitation eingeklagt und sind oft genug leer ausgegangen. Täter sollen jetzt schnell begnadigt werden. (...) Die PDS offenbart mit diesem Gesetzentwurf einmal mehr, daß sie die Geschichte noch längst nicht aufgearbeitet hat. Anders ist auch das Ansinnen nicht zu verstehen, die Pflicht zur Stasi-Überprüfung für Abgeordnete und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst abzuschaffen. (...) Versöhnung wird in der Gesellschaft nicht erreicht, wenn die Vergangenheit unter den Teppich gekehrt wird.

Der „Tagesspiegel“ aus Berlin meint zum gleichen Thema: Die PDS hat immer noch Schwierigkeiten mit den Verurteilungen ihrer ehemaligen Genossen wie auch der Mauerschützen. Und diese Schwierigkeiten, das Gefühl, sozusagen mitverurteilt zu sein, das äußert sich in der Forderung nach Amnestie. Überraschend ist das nicht, denn Distanz zum DDR-System ist bei den wenigsten in der PDS gewachsen. Was damals galt, soll wieder gelten. Geläutert natürlich. Demokratisch natürlich. Mit Marktelementen, klar doch. Die Amnestieforderung, der kaum jemand außerhalb der PDS zustimmt, dient in regelmäßigen Abständen als Selbstvergewisserungsinstrument für den Zusammenhalt des Milieus.

Die „Berliner Zeitung“ meint: Die Reformer in der PDS hatten in den vergangenen Jahren energisch versucht, den Blick der Partei nach vorn auszurichten. Die PDS sollte sich als soziale und sozialistische Partei dem demokratischen Umbau der Gesellschaft widmen. Nun aber scheint es, als ob die Partei der sozialen Wärme ihre Wohltaten zunächst den Verantwortlichen für die Mauertoten, den Funktionsträgern und Befehlsempfängern des DDR-Unrechtsstaates zugute kommen lassen will. Ganz offenkundig gehört die Leidenschaft der Partei der „Aufarbeitung“ der Vergangenheit, wie die PDS sie versteht. Die einstigen Täter werden zu Opfern gemacht. Die tatsächlichen Opfer kommen nicht mehr vor.

Die „Welt“, ebenfalls aus Berlin, schreibt: Laßt die alten DDR-Diktatoren in Ruhe, entschuldigt euch bei den Mauerschützen, und zahlt gefälligst Entschädigung für deren ungerechte Bestrafung: Die dreisten Forderungen (...) kommen von der rechtspolitischen Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion. Die SED- Nachfolgepartei eröffnet damit eine Schlußstrichdebatte der unverschämten Art. (...) Die neue Dreistigkeit der PDS ist auch die Folge ihrer Verharmlosung. Wer alte SED-Kader in die Regierung holt, exkulpiert eben zugleich die SED-Politik. Für die moralische und politische Integrität der Bundesrepublik wäre es verheerend, wenn dieser Weg weiter beschritten würde.

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