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■ Die Olympischen Spiele gehören als Produkt an die BörseWeg mit IOC und allen Tarnkappen

Armes Salt Lake City. Auf denen hauen jetzt alle herum. Dabei macht das doch jeder Olympiabewerber mit jedem Delegierten: beschenken, bestechen, Vorteile zuschanzen, Geschäfte anleiern in gigantischen Größenordnungen. Uncle Sam hat sich erwischen lassen. Tja, nicht jeder ist eben gesegnet wie wir mit solch notorisch kriminösen Aktenvernichtern wie Axel Nawrocki aus der Seifenoper Berlin 2000.

Bei der Vergabe von Olympia ist Korruption Prinzip. Über das Gestammel von der „olympische Familie“ oder der „Jugend der Welt“, wie das IOC seine Muskelmessen und Geldscheffel-Events nennt, schütteln mittlerweile auch die naivsten Sportfans den Kopf. Dennoch: Wenn es um Medaillen geht, sollen die Spiele bloß weitergehen. Wie beim venenweiten Doping: Jeder weiß davon und will es doch nicht wahrhaben.

IOC-Boß Juan Antonio Samaranch, der frühere Franco-Spezi, will ein paar korrupte Delegierte aus sportlichen Viertweltstaaten rauswerfen. Jeder weiß: Das sind Bauernopfer als eigener Machtzement. Olympische Spiele – siehe die Coca-Cola-Games von Atlanta – sind längst Geschäftszweige der großen Konzerne. Volksbelustigung und Sportthrill sind nicht der Zweck, sondern nur Verpackung. Staatsknete wird verpulvert, flutlichtmasthohe Gewinne werden privat angehäuft. Das spätfeudale Feigenblattkonstrukt IOC ist der undemokratische PR-Motor der Industrie; ohne Aufsicht, vermodert, versumpft, verfault. Da hilft nur der radikale Schnitt.

Wer springt ein, wenn das IOC entsorgt wird? Sollen die Vereinten Nationen ran? Klingt gut, aber vor lauter Debatten, Veto hier, Politschacher da, wird die Menschheit das Wort Olympia schon vergessen haben, bis es zu einer ersten Einigung kommt. Nein, nicht arme Delegierte sollten käuflich sein, sondern gleich das Produkt Olympia. Ab damit an die Börse. Die „Spiele“ mit ihrem niedlichen „The winner is...“ als Firmenzweig einer OlympiAGInc. Oder als Versteigerungsobjekt. Dann erleben wir Wertschätzung, Spekulation, Pokern um Austragungsmärkte täglich mit. Olympia als Weltmarktindikator.

Klingt scheußlich? Unsportlich? So illusionsberaubt? Es wäre wenigstens ehrlich in der globalisierten Welt und ein Fingerzeig auch für andere bigotte Sportmacher. Etwa für die Deutsch-Samaranchs des stinkreichen DFB, welche derzeit ohne erkennbare Schamesröte für die Fußball-WM 2006 Steuerbefreiung erbetteln. Und die Bundesregierung scheint bislang nicht mal abgeneigt. Bernd Müllender

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