■ Die Öko-Revolution hat gesiegt: Das Schweigen der Körner
Biokost ist mega-in. Im vergangenen Jahr habe man bundesweit rund eine Milliarde Umsatz gemacht, verkündeten die Bundesverbände Naturkost Naturwaren (BNN) gestern voller Stolz auf der Grünen Woche. Dem muffigen Image von „lila Latzhosen und Körnerecken“, so der BNN weiter, ist inzwischen erfolgreich ein Müsliriegel vorgeschoben worden. Nur noch ganze 27 Prozent der Naturköstler sind den „Alternativen“ zuzurechnen, während nunmehr fast die Hälfte der Öko-Kundschaft dank Lebensmittelskandalen und zunehmenden Allergien zur gehobenen Mittelschicht gehört. Die Körnerfresser mit den verhärmten Protestantengesichtern, wie sie Wiglaf Droste-Hülshoff im taz-Journal „Satt & Selig“ beschrieb, waren in Wahrheit also die verbitterten Vertreter der Bourgeoisie.
Deren unverbitterter Teil gibt inzwischen eine bemerkenswerte Zeitung heraus. Während Lenin seinerzeit den Titel seines historischen Aufsatzes „Was tun?“ noch mit einem bescheidenen Fragezeichen zierte, kommt der Name des alle zwei Monate vom Tengelmann-Konzern herausgegebenen Nachrichtenblattes in grüner Farbe und mit kategorischem Imperativ daherstolziert: „Tun“!Tun, ausgeschrieben Tengelmann-Umwelt-Nachrichten, wettert derart vehement gegen die Atomtests der französischen Regierung und die Umweltsauereien des Ölmultis Shell, daß man sich fragt, ob die Konzernkette nicht heimlich von Greenpeace aufgekauft worden ist. Greenpeace indes dementiert heftig. Bleibt nur eine Schlußfolgerung: Die Öko-Revolution hat längst gesiegt, bloß niemand hat's gemerkt, und die Körner schweigen. Ute Scheub
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