■ Die Moral der CDU: Anti-Anarchisten
Was ist der Unterschied zwischen einem Anarchisten und CDU- Altvorderen wie Landowsky und Simon? Der Anarchist verabscheut jede Art staatlicher Gewalt und hofft, das gesellschaftliche Miteinander auch ohne sie zu bewerkstelligen. Landowsky und Simon aber setzen auf Regeln und mißachten sie, wenn sie dem Eigeninteresse entgegenstehen.
An Schamlosigkeit ist man ja mittlerweile gewohnt – im Sommer erst hoben CDU und SPD die Rente ihrer Ostberliner Abgeordneten per schnöden Rechentrick auf Westniveau an. Ein weiteres Beispiel von Selbstbedienungsmentalität liefern nun die beiden CDU- Politiker. Von Landowsky war ein freiwilliger Selbstverzicht, wie ihn der ausgeschiedene SPD-Abgeordnete Jürgen Lüdtke leistete, auch kaum zu erwarten. Wo immer in dieser Stadt Gelder zu verteilen sind, Diepgens Jugendfreund zieht an den Strippen. Ob für Erweiterungsbauten im mondänen Tennisclub Rot-Weiß oder bei Billigpachtgebühren für Golfplätze. Mit aalglatten Begründungen wird ein vom Abgeordnetenhaus verabschiedeter Beschluß mißachtet, der die Unvereinbarkeit von Vorstandsposten in landeseigenen Gesellschaften und Abgeordnetenmandat vorschreibt. Gegen die juristische Prüfung, die Simon angekündigt hat und in dessen Windschatten Landowsky mitsegelt, ist nichts einzuwenden. Die Frage ist aber, ob deren Verhalten angesichts der vollmundig verkündeten Sparkampagne moralisch gerechtfertigt ist. Schließlich werden Landowsky und Simon im Namen ihrer Partei demnächst der Bevölkerung abverlangen, was sie für sich selbst ablehnen: sich kräftig zu bescheiden. Severin Weiland
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