EUROFACETTEN: Die Mann
■ Europa braucht eine frauropische Sprache
Die Länder Europas wachsen zusammen, aber wir haben keine gemeinsame europäische Sprache. Deutsch ist die am weitesten verbreitete Sprache in der EG, aber in den Gremien dominieren Englisch und Französisch. Nun soll das Deutsche zur dritten EG-Sprache aufgewertet werden. Außerdem gibt es Überlegungen, ob nicht „statt zwei, drei oder noch mehr Sprachen eine durchaus genügen würde“ (FAZ).
Was meint die feministische Linguistik dazu?
Nehmen wir erst die Frage der einen, gemeinsamen Sprache. Eine willkommene Gelegenheit, die diversen europäischen Männersprachen endlich loszuwerden und eine richtige Sprache zu etablieren — eine, die gerecht ist und bequem. Sehen wir uns mal um unter den drei Optionen a) lebende, b) tote und c) künstliche Sprachen. Von den lebenden Sprachen erfüllt derzeit eher das Englische als das Deutsche, Französische oder eine der anderen europäischen Sprachen die Anforderung nach (Geschlechter-) Gerechtigkeit und Bequemlichkeit. Unter den toten Sprachen ist sicher das Gotische dem Lateinischen vorzuziehen, aber bequem ist dies auch nicht gerade. Und die Kunstsprache Esperanto? Bequem schon, aber auch da steckt der patriarchalische Wurm drin: patro bedeutet „Vater“ und patrino „Mutter“. Das ist so, als ob wir statt Mutter plötzlich Vaterin sagen würden. Nein danke! Fazit: Die praktisch-realistische Feministin votiert entschieden für das Englische, die träumerisch-kreative setzt sich hin und bastelt eine ganz neue Sprache: das Feministische.
Nun zurück zum ersten Thema: Wenn Deutsch nun wirklich die dritte EG-Sprache werden soll, müssen wir fragen: Welches Deutsch, bitte schön? Immerhin sind derzeit mindestens drei Varianten im Gespräch: Erstens die traditionelle Männersprache Deutsch, die nur Europäer kennt, zweitens das neue Doppeldeutsch (Europäerinnen und Europäer), drittens das umfassend feminisierte Deutsch (die weiblichen und männlichen Europäerinnen).
Ich denke, wir sollten uns für keine dieser Varianten stark machen. Das Männerdeutsch ist zu chauvinistisch, das Doppeldeutsch zu kompliziert, das umfassend feminisierte deutsch ist schön, aber die Männer mögen es nicht, und (daher) auch viele Frauen nicht. Ich möchte deshalb einen neuen Vorschlag machen, für den ich mit Unterstützung von allen rechne, für die Deutsch eine Fremdsprache ist. Ich plädiere für die Abschaffung der Genera im Deutschen und für die Einführung eines grammatischen Systems, das sich am Englischen orientiert. Wir hätten dann statt der, die, das nur noch die:
Die Frau, die Mann, die Kind. Die Frau und ihr Kind. Die Mann und seine Kind. Die Kind und ihre oder seine Schwester. Luise Pusch
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