■ Die Länderfusion wird sabotiert: In weiter Ferne
Groteskerweise war es ausgerechnet CDU-Fraktionschef Klaus- Rüdiger Landowsky, der dieser Tage seinem Brandenburger SPD- Amtskollegen Birthler vorwarf, mit seinen ultimativen Forderungen an Berlin die Länderfusion „systematisch zu boykottieren“. Schließlich ist Landowsky der Bannerträger jener CDU-Befürchtungen, bei einer Länderfusion mit dem SPD-regierten Brandenburg im „roten Meer“ zu versinken. Fusionieren will Landowsky allenfalls im nächsten Jahrtausend, was ein Synonym für den Sankt-Nimmerleinstag ist. Eine Fusion im Jahre 1999 scheint gegenwärtig fern wie selten zuvor. Nur die Grünen hier wie dort stehen noch voll hinter dem Vorhaben. Selbst mühselig erreichte Übereinkünfte werden wieder in Frage gestellt. Brandenburg und Berlin haben gemeinsam in Bonn den Fortbestand des Stadtstaatenprivilegs erkämpft, das Birthler nun angreift. Seine Äußerungen mahnen den Fusions-Befürworter und Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, sich seiner Basis nicht zu sicher zu sein.
Der Fusionsfreund und Berliner CDU-Chef Eberhard Diepgen hat diese Erfahrung schon hinter sich. Er ist in dieser Frage Lichtjahre entfernt von den Wünschen seiner Leute, die nichts so sehr fürchten wie eine Bedrohung der filzigen Verklammerung der politischen und wirtschaftlichen Sphäre, wie sie nur im ummauerten Berlin wachsen konnte. Für die politische Klasse in Berlin wäre die Fusion wie ein Durchzug. Diepgen weiß, daß dem Vorhaben die Zeit wegläuft, je näher die Berliner Wahlen im Herbst 1995 rücken. Wer mag noch glauben, daß es im Sommer 1995 einen Volksentscheid geben wird? Nahezu hilflos müssen die Befürworter ansehen, wie das kleinteilige Gehacke der Verhinderer Früchte trägt. Die in Umfragen festgestellte Gleichgültigkeit der Menschen ist nur der Spiegel dieser Sabotage. Wenn es nicht gelingt, die Bedeutung für die Entwicklung Berlins und Brandenburgs zu verdeutlichen, dann wird es kein gemeinsames Land geben. Für Optimismus gibt es derzeit in Berlin und Potsdam wenig Anlaß. Gerd Nowakowski
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