: Die Kehrseite der Berlinale
Das „Festival des gescheiterten Films“ macht Station in Bremen
In der Woche nach der Berlinale ist dieses Festival genau das Richtige, um die Maßstäbe wieder ein wenig gerade zu rücken. Denn das Scheitern ist uns ja mindestens so eigen wie das Gelingen, und selbst wenn auf den Internationalen Filmfestspielen ein Werk so krachend durchfiel wie der Wettbewerbsfilm „Feuerherz“ von Luigi Falorni, ist er doch immerhin aus irgendwelchen Gründen auf ein A-Festival eingeladen worden, und somit vielleicht schlecht - aber nicht wirklich gescheitert. Für dieses Prädikat qualifizieren sich Filme, die nie gezeigt werden, die oft nicht einmal fertig gedreht werden, weil während der Produktion das Geld ausging. Filme, die ihren Machern inzwischen peinlich sind, die in Dachkammern gelagert und möglichst vergessen werden oder Filme, die noch so gut sein können, für die aber kein Markt gefunden wurde. Häme ist hier völlig fehl ab Platze, und dies obwohl, oder gerade weil man bei vielen der gezeigten Filme dann doch genau erkennen kann, warum und woran sie gescheitert sind.
Wie wohl jeder in der Branche hat der freie Filmproduzent hwmueller aus München viele Erfahrungen mit gescheiterten Filmen gemacht, und so kam ihm vor einigen Jahren die Idee, einige davon dann doch einem Publikum zu zeigen. Ein entfernter Vorläufer ist das „overlooked festival“ in Chicago, das der Kritiker Roger Ebert regelmäßig veranstaltet. Das „FDGF“ geht nun zum dritten Mal auf Tournee, und bisher fand es in Metropolen wie München, Berlin, Hamburg und Wien statt. Nun versucht der Bremer Filmemacher Hagen Klaile es zum ersten Mal auch in Bremen und wenn man sieht, dass in dem Programm auch gleich zwei von seinen eigenen Werken gezeigt werden, ahnt man den Grund dafür. Dabei handeln sowohl der 3 Minuten lange „Muss besser werden“ wie auch die Kurzdokumentation „Der Dosenkönig“ eher vom Scheitern, als dass sie selber danebengegangen wären. Der Letztere bekam zwar keine Fördergelder und wurde sträflicherweise auch nicht für den hiesigen Kurzfilmwettbewerb „Young Collection“ ausgewählt, aber dies ist für einen Kurzfilm eher der Durchschnitt als ein Fiasko. Und auch stilistisch ist er alles andere als danebengegangen. Stattdessen wird hier in einem angenehm lakonischen Ton die wahre Geschichte eines Bremer Biertrinkers erzählt, der schon vier Jahre vor der Einführung des Dosenpfands begann, seine Bierdosen zu sammeln, die sich in seiner Wohnung stapelten bis seine Frau auszog und die Nachbarn sich beschwerten. Doch niemand wollte dann seine Dosen annehmen, und so scheiterte er auf eine fast schon poetische Weise.
12 Filme, die zwischen 2 und 20 Minuten lang sind, laufen in dem etwa anderthalb Stunden dauernden Programm heute Abend ab 20 Uhr in der Schauburg. Und bei einigen von ihnen kann man das Scheitern direkt auf der Leinwand miterleben. So fehlte etwa bei „Süße Versuchung“ schlicht eine gute Pointe, wodurch die Regel „kein guter Film ohne guten Schluss“ eindrucksvoll bestätigt wird. Bei dem 20-minütigen „Der Kompromiss“ wird nie klar, was da überhaupt erzählt werden soll, die animierten Titelhelden von „Dreckmonster“ wirken längst nicht so putzig, wie die Macher es sich erhofften und bei „GLOBAL WARming“ bemerkt man das verquaste Konzept schon am bemühten Titel. Aber das Filmessay „Das Leben ist kein Fußballspiel“, in dem u.a, Wim Wenders und Jimmy Hardwig über das Abseits philosophieren, würde auch gut in einen Themenabend bei Arte passen. Da wurde es aber nicht genommen und so ist der Film zwar gelungen, aber trotzdem gescheitert. Wilfried Hippen