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■ Die IRA-Bombe in Manchester ist eine BankrotterklärungEin Anschlag auf Sinn Féin

Die IRA-Bombe von Manchester galt nicht der britischen Regierung, sondern Sinn Féin. Ebensowenig wie der Mord an dem südirischen Polizisten vor zehn Tagen in Limerick, dient es dazu, Druck auf London oder Dublin ausüben. So soll der Sinn-Féin-Führung klargemacht werden, daß sie ihre Friedensstrategie vorerst begraben kann. Ob der Anschlag von Manchester von der IRA-Führung sanktioniert war oder, wie der Polizistenmord, auf das Konto einer Splittergruppe geht, ist dabei zweitrangig – zumal die Täter trotz eindeutigen Verstoßes gegen IRA-interne Richtlinien keine Konsequenzen befürchten müssen.

Fest steht, daß die republikanische Bewegung aus Sinn Féin und IRA gespalten ist. Die „grünen Nationalisten“ der alten Garde, die Verhandlungen prinzipiell ablehnen, haben der jüngeren Sinn-Féin-Führung die Suppe versalzen. Die hatte sich schon vor Jahren zwar nicht verbal, aber faktisch vom bewaffneten Kampf verabschiedet. Die dunklen Anzüge, das gewandte Auftreten und die mediengerechten Frisuren deuteten sichtbar darauf hin.

Daß britische und irische Politiker von Sinn-Féin- Präsident Gerry Adams jetzt verlangen, er solle mit der IRA endgültig brechen, verdeutlich wieder einmal, was sie eigentlich mit dem Friedensprozeß bezwecken: Es geht ihnen darum, die republikanische Bewegung zu spalten, die IRA zu isolieren und schließlich zur Unterwerfung zu zwingen. Der Anschlag von Manchester trägt dazu bei, daß diese Taktik aufgehen könnte. Eine Lösung, die den Konflikt nicht nur unter den Teppich kehrt und ein erneutes Aufflammen in zehn oder zwanzig Jahren vorzeichnet, erfordert jedoch die Einheit von Sinn Féin und IRA.

Eine Strategie ist bei bei den Organisationen aber nicht mehr erkennbar. Was immer man vom Friedensprozeß und der britischen Verzögerungstaktik halten mag – es ist keine Alternative, ein Einkaufszentrum in Manchester zur Hauptgeschäftszeit in Schutt und Asche zu legen. Der Anschlag vom Samstag traf auch jene Politiker, die sich für einen Platz der Sinn Féin am Runden Tisch unabhängig von einem formalen IRA-Waffenstillstand einsetzten.

Bei den Spekulationen über den politischen Schaden, den der Bombenanschlag angerichtet hat, darf man nicht die Opfer in Manchester vergessen, die physischen Schaden erlitten haben. Es ist eine Bankrotterklärung, wenn die IRA ihren internen Richtungsstreit auf eine Art austrägt, unter der Unbeteiligte leiden müssen. Ralf Sotscheck, Dublin

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