Die Hürden beim Abmelden: Wenn Facebook nicht mehr loslässt
Für ihre Datensammelwut sind soziale Netze berühmt - schließlich lässt sich so lukrative personalisierte Werbung verkaufen. Das Problem: Wer einmal drin war, kommt kaum mehr heraus.
Der Hype um soziale Netzwerke ist zwar längst abgeflaut, doch noch immer tummeln sich viele Millionen Nutzer auf Plattformen wie StudiVZ oder Facebook. Dort lässt sich schnell virtuell Freundschaft schließen und direkt kommunizieren, außerdem ist der schnelle Austausch von Bildern und die Darstellung der eigenen Persönlichkeit mit Hilfe so genannter Profile möglich. Die Betreiber profitieren dabei von den oft hochgenauen Angaben, die die Mitglieder über sich machen: So lässt sich dann so genannte personalisierte Werbung platzieren - ein lukratives Geschäft. Diese fein abgestimmten Kampagnen erreichen dann beispielsweise nur Studenten zwischen 21 und 25, die in Bayern wohnen und sich für aktuelle High-Tech-Gadgets interessieren. So sollen Streuverluste, die bei anderen Reklameformen regelmäßig auftreten, vermieden werden. Das praktische dabei für die Anbieter: Die Nutzer selbst liefern ihre Daten, weil sie dabei helfen, einen passenden Freundeskreis im Netz aufzubauen.
Doch was macht man, wenn man nach einiger Zeit feststellt, dass es womöglich doch ein Fehler war, so viele Angaben gegenüber einem kommerziellen Website-Betreiber zu tätigen und Furcht vor Missbrauch hat? Ganz einfach: Man meldet sich ab. Doch genau das erweist sich in der Praxis als gar nicht so leicht. Die Plattform-Betreiber wissen nämlich um die Werthaltigkeit ihrer Infobestände und versuchen, sie so lange wie möglich in ihren Datenbanken zu behalten.
Besonders schwierig macht es die US-Plattform Facebook, die in den letzten Jahren wegen mehrerer Werbeexperimente, die einige Datenschützer als "Schnüffelreklame" bezeichneten, in die Schlagzeilen gekommen war: Dort reicht es nicht aus, sich auf der Plattform für das Ende der Nutzungszeit zu entscheiden. Zwar existiert unter "Mein Konto" und "Einstellungen" die Funktion "Konto deaktivieren". Doch die bedeutet nur, dass man übergangsweise von der Plattform gestrichen wird. Selbst nach Deaktivierung des Kontos bekommt man so beispielsweise noch E-Mails mit Einladungen für Gruppen und Veranstaltungen. Außerdem ist eine Erneuerung des Zugangs immer noch möglich: "Du kannst dein Konto jederzeit reaktivieren, indem du dich mit deiner E-Mail-Adresse und deinem Passwort anmeldest", heißt es dazu auf der Abmeldeseite hilfsbereit. Ein Hinweis, wie man sich ganz von Facebook verabschieden kann, fehlt. Das ist nur möglich, wenn man die Plattform über das Kontaktformular direkt kontaktiert und darum bittet, alle Daten zu löschen. Dies sollte man sich jedoch unbedingt bestätigen lassen: Die Nutzerinformationen lagern in den USA.
Bei StudiVZ, dem erfolgreichsten deutschen sozialen Netzwerk, das derzeit mit Facebook im gerichtlichen Clinch liegt, weil es zu nah am großen US-Vorbild angelegt sein soll, ist die Abmeldeprozedur inzwischen vereinfacht worden. War es 2006 noch notwendig, neben der Betätigung des Löschknopfs auf der Plattform selbst auch noch umständlich eine E-Mail an die Betreiber zu senden, um die Daten endgültig von dem Angebot zu verbannen, soll laut den aktualisierten allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nun ein Anstoßen der so genannten "Exmatrikulation" (unter "Mein Account" und "Meinen Account löschen") reichen.
Alternativ kann man auch eine E-Mail an "abmeldung@studivz.net" senden, die man sich allerdings besser bestätigen lassen sollte. "Mit der erfolgreichen Exmatrikulation eines Nutzers wird der Account des Nutzers und alle personenbezogenen Daten des Nutzers dauerhaft gelöscht", heißt in den AGB. Aber Vorsicht: Für Diskussionen in Gruppen oder Botschaften auf der persönlichen "Pinnwand" eines anderen Nutzers gilt das jeweils nicht. "Diejenigen Beiträge, die der Nutzer vor der Exmatrikulation über das StudiVZ-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht hat", blieben weiterhin abrufbar, wenn auch ohne Angabe des Namens des Absenders "und mit dem Hinweis, dass der Beitrag von einem inzwischen gelöschten Nutzer stammt", so die Betreiber. Sind einem solche Texte im Nachhinein peinlich und lassen sie auch ohne Absendernamen einen Rückschluss auf den Ersteller zu, verbleiben sie also trotzdem potenziell für immer und ewig auf der Plattform. Betroffene sollen allerdings mit einer persönlichen Mail an den StudiVZ-Kundenservice bereits Erfolg gehabt haben.
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