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Archiv-Artikel

Helene Luig-Arlt, 53, Pädagogin Die Grenzradlerin

Nein, Fahrrad fahren ist so gar nicht Helene Luig-Arlts Sport. Entsprechend entsetzt waren ihre Töchter, als sie im März verkündete, sie werde im Sommer von Görlitz nach Moskau radeln – Etappen von täglich bis zu 130 Kilometern, durch die staubigen Alleen Polens und über die weißrussischen Buckelpisten. „Aber es war klar, dass ich das machen wollte, und ich kann mit Stolz sagen, dass ich die ganze Strecke durchgehalten habe“, sagt die 53-Jährige aus Langballig bei Flensburger.

Sie machte sich nicht allein auf den Weg, sondern war Teilnehmerin der internationalen Friedensfahrt “Bike for Peace“, die am 14. Juli in Paris startete und am Weltfriedenstag, 1. September, auf dem Roten Platz endete. „Es ging nicht um Urlaub oder Abenteuer, sondern um eine Botschaft – deshalb war es für mich eine ideale Kombination“, sagt Luig-Arlt. „Denn Völkerverständigung ist wichtig.“ Sie weiß, wovon sie spricht: Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie ehrenamtlich in diesem Bereich, erst in der Deutsch-Sowjetischen Freundschaftsgesellschaft, später in der Deutschen Freundschaftsgesellschaft West-Ost und im Dachverband der West-Ostgesellschaften.

Die Verbindung zu Russland liegt nahe: „Meine Großmutter war Petersburgerin, ich bin bikulturell aufgewachsen.“ So hat sie den Kalten Krieg immer aus zwei Winkeln betrachtet – aus der Sicht der Norddeutschen, aber mit viel Verständnis für die Menschen auf der offiziellen Gegenseite.

Das Interesse an der Friedensfahrt sei vor allem in Belorus und Russland riesig gewesen: „Das Fernsehen berichtete über uns.“ Dass sich Leute aus dem reichen Westen so eine Fahrt zumuten, sei positiv aufgenommen worden.

Helene Luig-Arlt, hat unter anderem für die Stadt Flensburg das Konzept „Soziale Stadt“ umgesetzt, bei dem Brennpunkte entschärft werden. „Drogensucht, Arbeitslosigkeit und Aids gibt es natürlich auch in Russland“, sagt sie. Darum reist sie in dieser Woche schon wieder nach Moskau, um bei einer Tagung Konzepte vorzustellen. Diesmal nimmt die Grenzradlerin aber den Flieger. ESTHER GEIßLINGER