Die Gesellschaftskritik: Willkommen im Leben!
WAS SAGT UNS DAS? Philipp Lahm geht in Rente und bleibt bis zum Schluss ein Streber
Philipp Lahm ist einer der besten Fußballer der Welt. Er ist Weltmeister, war Champions-League-Sieger, Klub-Weltmeister, ganz oft Deutscher Meister und fast ebenso oft DFB-Pokalsieger. Nach der Saison soll Schluss sein. Der Kapitän des FC Bayern München beendet seine Karriere.
Was wird bleiben von dem Spieler, der nie Weltfußballer war, obwohl es Jahre gab, in denen kaum einer besser gespielt hat als er? Mit einem Schurkenstück hat er Anspruch auf die deutsche Kapitänsbinde erhoben. Die trug er bei der WM 2010 nur, weil sich Michael Ballack zuvor verletzt hatte. Das an den Medienabteilungen von Klub und DFB vorbeigeschleuste Interview mit einem Boulevardblatt dazu war fast schon böse.
Das Buch, das er dann geschrieben hat, sorgte für ein Aufregerchen, weil sich die Trainer, deren Arbeit er darin miesmachte, lauthals beschwert haben. Und dann hat er einmal ein Interview gegeben, in dem er vom Klub eine eigene Spielphilosophie gefordert hat, worüber sich die Klubchefs geärgert haben. Mehr Aufregung war nicht.
Lahms Spielfeldrandinterviews taugten stets als Valium-Ersatz („Ich glaube, jeder hat gesehen, dass wir die bessere Mannschaft waren“).
Und wenn es einen Twitter-Account gibt, der nie witzig, intelligent oder irgendwie interessant ist, dann ist es der von Philipp Lahm („Wir freuen uns auf das morgige Spiel!“). Wenn er seine Karriere als Twitterer ebenfalls beenden würde, niemand würde es bedauern. Es könnte ihm auch guttun, dass er jetzt doch nicht Sportdirektor des FC Bayern wird. Er könnte einfach machen, was er will.
Vielleicht kommt dann endlich Leben in sein Leben. Vielleicht lebt er endlich seine Pubertät aus, über die er in den Jugendteams des FC Bayern immer hinwegtrainieren musste. Darüber würden wir gern einmal mit ihm sprechen – vielleicht bei einem zünftigen Joint auf taz-Kosten. Also, lass es jucken, Philipp! Es tut auch gar nicht weh – versprochen.
Andreas Rüttenauer
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