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■ Die Friedensbewegung in der Krise?Ein Krieg ist ein Krieg

betr.: „Ostermarschierer deutlich jünger“, taz vom 2. 4. 02

Die rege Beteiligung an den diesjährigen Ostermärschen kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die deutsche Friedensbewegung befindet sich fortwährend in einer großen Krise. Ihre Mentoren haben die gravierenden politischen Veränderungen seit dem Fall des eisernen Vorhanges nicht verinnerlicht. Sie weigern sich, die Zeichen der Zeit zu erkennen, dass ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Völker kein Selbstgänger ist, sondern täglich – zur Not auch militärisch – verteidigt werden muss. Stattdessen unternehmen sie den Versuch, den aktuellen geopolitischen Konflikten mit staubbehangenen Parolen aus den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts zu begegnen.

Es gehört nur wenig politisches Einfühlungsvermögen dazu, zu erkennen, dass ein derartiger Versuch bereits im Ansatz zum Scheitern verurteilt ist. Gelingt es der Friedensbewegung nicht, adäquate Antworten auf die außenpolitischen Fragen der Moderne zu entwerfen, droht der Gruppierung das gleiche Schicksal wie den einstmals so vehement bekämpften Pershing- und SS-20-Raketen: ein Platz auf dem Friedhof der Geschichte.

RASMUS PH. HELT, Hamburg

betr.: „Mehr Argumente, weniger Parolen“ (Viele Ostermarschierer haben es sich zu einfach gemacht), taz vom 2. 4. 02

In der Frage des Krieges geht es entweder um Ja oder ein Nein. Entweder bin ich für einen Krieg oder nicht. Die Position der Grünen ist nicht eindeutig. Die grüne Kriegshaltung zu untermauern versucht der Kommentar von Reinecke.

Und ich bleibe dabei, dass ein Krieg ein Krieg ist, da können Cohn-Bendit, Fischer oder Claude Levy sagen, was sie wollen. Nun jeden Krieg zu differenzieren und diese in notwendige Kriege oder gar in humane Kriege einzuteilen, ist reichlich kindisch. Das zeigt sich am Beispiel Naher Osten: die Strategie der begrenzten Kriege ist gescheitert, denn seit dem 11. September eskalierte die Auseinandersetzung in Israel derartig, dass man nun von einem weiteren Krieg sprechen muss, der auch deswegen entstand, weil Scharon die internationale Lage innerhalb dieses „Krieg gegen das Böse“ ausnützte, und das, weil die Amerikaner andere Probleme hatten und sie sich nicht klar und deutlich gegen Scharons Politik aussprachen. Die USA brauchen und setzen auf ein starkes Israel, um ihre Interessen im Nahen Osten durchzusetzen. Auch wenn man vor der Kamera sagt: Scharon möge einlenken, so ist dies nur Kosmetik, denn die USA haben einfach massive Interessen in dieser Region, von denen in keiner Tagesschau die Rede ist. Es geht nicht um weniger Parolen und mehr Argumente. Es geht um eindeutige Position: Entweder bin ich für oder gegen Krieg

ULRICH WAHL, Ehningen

Angesichts der auf Hochtouren laufenden Vorbereitungen für einen neuen Golfkrieg gegen den Irak und dessen möglicher Folgen für den gesamten Nahen Osten bin ich über Stefan Reineckes Sorglosigkeit mehr als verblüfft. Deutschland als global einsatzfähige Militärmacht ist keineswegs ein Hirngespinst verbohrter Pazifisten, sondern das Ziel, das die Regierungen Kohl und Schröder mit dem fortgesetzten Auf- und Ausbau von Einsatzkräften wie dem Calwer Kommando Spezialkräfte (KSK) konsequent verfolgt haben. Die Strategiepapiere, welche die weltweite bewaffnete Verteidung westlicher Wirtschaftsinteressen zur Aufgabe der Bundeswehr erklären, sind seit Jahren öffentlich zugänglich. Bundeswehrsoldaten sind bereits jetzt auf dem halben Globus im Einsatz. […] Unrealistisch ist, wer diese bekannten Tatsachen nicht zur Kenntnis nimmt oder sie immer noch als Ausnahmen statt als Präzedenzfälle wertet. Reinecke kritisiert, die Friedensbewegung habe es sich „zu einfach gemacht“ und beschränke sich auf platte Parolen. Wer solches schreibt, ignoriert absichtsvoll oder aus Unwissen die umfangreichen und kompetenten Analysen, die von „think tanks“ der Friedensbewegung wie etwa der Infostelle Militarisierung (http://www.imi-online.de) oder dem Komitee für Grundrechte und Demokratie regelmäßig vorgelegt werden. Dass diese nicht in voller Tiefe von Plakaten und Redebeiträgen wiedergegeben werden, versteht sich von selbst. […]

JOHANNES ROHR, Engelskirchen

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