: „Die CDU ist eine sehr pragmatische Partei“
Die CDU sträubt sich nicht grundsätzlich gegen Bürgerbegehren auf Landesebene, sagt Kurt Wansner, CDU-Vertreter im Abgeordnetenhaus. Auf Bezirksebene will er schon mal testen und ein Begehren gegen die Dutschke-Straße starten
taz: Herr Wansner, die CDU hat jahrelang gegen das Bürgerbegehren auf Bezirksebene gewettert. Nun nutzen Sie und Ihre Parteifreunde in Marzahn-Hellersdorf dieses politische Instrumentarium selbst ganz eifrig. Woher kommt dieser Sinneswandel?
Kurt Wansner: Wenn das Bürgerbegehren schon mal da ist, werden wir es auch nutzen. Es wäre ja unsinnig, wenn wir uns als Einzige diesem Instrument verschlössen. Das heißt aber nicht, dass sich unsere Bedenken gegen Bürgerbegehren erübrigt haben. In dieser Stadt gibt es so genannte Berufsbetroffene, die es anscheinend schaffen, auf jeder Hochzeit gleichzeitig zu tanzen. Ich habe das schon häufig miterlebt. Es sind immer die gleichen Leute, die sich in den Vordergrund drängen und mitreden wollen. Bei unseren aktuellen Bürgerbegehren gegen die Rudi-Dutschke-Straße und in Marzahn-Hellersdorf engagieren sich dagegen Leute, die tatsächlich betroffen sind. Die CDU ist eine sehr pragmatische Partei. Wenn wir das Gefühl haben, dass Menschen sich für ihre Belange engagieren, dann begrüßen wir das. Notorische Betroffenheit wollen wir vermeiden.
Heißt das, die CDU wird sich bei Bürgerbegehren auf Landesebene nicht mehr quer stellen?
Das kann ich so nicht abschließend beantworten. Zum einen finden bei uns in der Fraktion noch Gespräche statt. Zum anderen wollen wir schauen, wie die Bürgerbegehren in Marzahn-Hellersdorf und Kreuzberg ablaufen. Bewähren sie sich, dann wird bei der CDU sicherlich auch auf Landesebene noch mal über das Bürgerbegehren intensiv diskutiert.
Das heißt: Ihr Nein zum Bürgerbegehren auf Landesebene ist kein prinzipielles Nein?
Es ist immer gut, wenn der Bürgerwille respektiert wird. Das erwarten wir auch von der Gegenseite. Genau das werfen wir den Grünen und der Linkspartei in Friedrichshain-Kreuzberg vor. Sie machen sich erst dann stark für Bürgerbegehren, wenn es ihnen passt. Bei der Dutschke-Straße hatte ich beide Parteien aufgefordert, die Betroffenen zu befragen. Das haben sie nicht getan. Natürlich ist dann ein Bürgerbegehren ein nützliches Mittel, um herauszufinden, was die Bürger wirklich wollen.
Angesichts des derzeitigen Zustands Ihrer Partei könnte das Bürgerbegehren doch auch auf Landesebene ein nützliches Instrument zur Durchsetzung Ihrer Interessen sein.
Ich gehe fest davon aus, dass wir in der nächsten Legislaturperiode stärkste Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus werden. Allein deshalb stellt sich diese Frage so nicht. INTERVIEW: FELIX LEE