Die CDU im Ländle: Oettinger will kein Beckstein werden

Baden-Württembergs CDU ist nervös. Seit dem CSU-Desaster fürchtet sie einen Dominoeffekt. Ministerpräsident Oettinger hat nun getestet, ob die Partei noch Wahlkämpfe gewinnen kann.

Das sind schon gefährlich nach Bayern aus. Bild: dpa

STUTTGART taz Die Steckbriefe von Bayern und Baden-Württemberg sind nahezu deckungsgleich: Arbeitslosigkeit bei circa vier Prozent, starke Automobilindustrie, ausgeglichener Haushalt und seit den 1950er-Jahren die gleiche konservative Partei in der Regierung. Viele in der Partei fürchten daher, dass man sich mit den Bayern auch bald den Absturz in der Wählergunst teilt.

Offen sagt es in der baden-württembergischen CDU keiner: Die "Aktion Halbzeit", ein Probewahlkampf zur Mitte der Legislaturperiode, wäre kaum gekommen, wäre Ministerpräsident Günther Oettinger ein Publikumsliebling. Am letzten Freitag war Abschluss der Aktion im badischen Appenweier, mit Blaskapelle, Innenminister Wolfgang Schäuble und einem Oettinger, der sich an der Blüte seines Bundeslandes erfreut. Zuvor tourte die Parteiprominenz drei Wochen durchs Land, veranstaltete Unternehmensbesuche und Podiumsdiskussion. Die Idee dazu hatte Generalsekretär Thomas Strobl bereits vor einem Jahr.

Zufällig fiel sie mit der Bayern-Wahl zusammen, ebenso wie eine Umfrage, nach der die CDU bei Landtagswahlen momentan bei lediglich 39,9 Prozent liegen würde, ein Minus von über vier Prozent. Die SPD wäre bei 26 Prozent, die Grünen bei 17,2. Oettinger selbst wollen demnach nur 37 Prozent der Wähler als Ministerpräsidenten. "Er wirkt vom Image her wie Roland Koch, das ist nicht ungefährlich", sagt Christian Bäumler, Vorsitzender des Arbeitnehmerflügels der Landespartei. Koch, das soll heißen: kantig, polarisierend, kein Landesvater für die Massen.

Womit will man das Wahlvolk auch bis zur nächsten Landtagswahl 2011 begeistern? Das Wärmegesetz zum Einsatz regenerativer Energien bei der Gebäudesanierung ist verabschiedet, der Haushalt ausgeglichen, 500 Millionen Euro sollen zusätzlich an Schulen und Hochschulen fließen. "Umsetzungsphase" nennt Generalsekretär Strobl die zweite Halbzeit der Legislaturperiode, konkrete Reformen nennt er nicht. Die Infrastruktur wolle man weiter ausbauen und dem Bund einen dreistelligen Millionenbetrag zusätzlich im Jahr abringen, nach all den Jahren des Aufbaus Ost: "Jetzt ist der Süden dran", so Strobl. Oettingers Prestigeprojekt, die Fusion der Landesbanken von Bayern und Baden-Württemberg, hat sich angesichts der Milliardenlöcher in München erst mal erledigt.

So wird die "Aktion Halbzeit" in Ermangelung von Inhalten von der Opposition verhöhnt. "Shownummer" und "ein kläglicher Versuch, mehr Nähe zu den Bürgern zu zeigen", nennt sie der SPD-Fraktionschef im Landtag, Claus Schmiedel. Die Grünen machen sich über den CDU-Koalitionspartner FDP lustig, vermeiden aber allzu rüde Attacken auf die CDU - vielleicht will man ja mal koalieren. Noch nie habe man so eine Übereinstimmung mit einer Regierungserklärung gehabt wie mit der jüngsten von Oettinger, sagt der Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann. Nur die ökologischen Versprechungen Oettingers, etwa den Stopp der Versiegelung weiterer Flächen, sieht er kritisch: "Wenn das belastet wird, fällt Oettinger um wie eine Flunder."

Solche Themen erwähnt Oettinger in seiner Abschlussrede zur "Aktion Halbzeit" deshalb auch gar nicht erst. Lieber referiert er in einem Atemzug über vier Eliteunis und drei Bundesligavereine in Baden-Württemberg. In Bayern haben sie dagegen nur zwei derartige Unis und nur einen Verein in der ersten Liga, und das auch noch in einer einzigen Stadt: Bayern, das sei eben nur München.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.