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■ Die Berliner SPD leidet stillSchweigen hilft nicht

Schwer vorstellbar, es wäre Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen und die SPD-Spitze schlüge sich wie die Kesselflicker. In Berlin wird in fünf Wochen gewählt, und bei der Bundes-SPD scheint das keinen zu interessieren. Falsch. Gerhard Schröder hat vor sechs Wochen gesagt, er wolle mit Rücksicht auf Berlin nun schweigen. Er tat es einen Tag. Die Berliner SPD schaut dem Treiben hilflos zu – und wartet auf die Quittung. Manche in der SPD-Spitze fürchten, am 22. Oktober unter dreißig Prozent zu rutschen. Ingrid Stahmers Appell an die Streithähne, Ruhe zu geben, blieb ohne Folgen.

Das zeigt, wie wenig Gewicht die Berliner SPD derzeit in der Bundespartei hat. Das war früher anders: Da gab es Bundesvorsitzende wie Willy Brandt oder Hans-Jochen Vogel. Einzig Walter Momper hatte nach der Wende als „der Mann mit dem Schal“ kurzzeitig großes Ansehen in der Bundespartei. Angesichts der Rolle Berlins als ein gesellschaftliches Laboratorium, als Ort, wo die bundesdeutschen Probleme des nächsten Jahrzehnts schon jetzt gelöst werden müssen und die Berliner Genossen programmatische Schrittmacherdienste für die Gesamtpartei leisten könnten, ist dies bedrückend. Es sagt einiges über das hiesige SPD-Personal aus.

Verwunderlich ist gegenwärtig, mit welch lammfrommer Geduld die Spitzenkandidatin sich das Gezänk auf Bundesebene anhört. Dabei ist mit Stillschweigen, Schönreden und Wegducken nichts mehr zu gewinnen. Erfolgversprechender wäre da schon, der Bundespartei öffentlich die Leviten zu lesen. Das würden die Berliner verstehen. Wer aber weiterhin Opferlamm spielt statt Führungsqualität zu zeigen, hat es nicht besser verdient, als geschlachtet zu werden. Wundern darf sich dann keiner, wenn man in der Bonner SPD-Zentrale nicht ernstgenommen wird. Gerd Nowakowski

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