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Archiv-Artikel

Die Behörde soll es richten

Der Strommarkt bekommt eine Regulierungsbehörde, denn der Wettbewerb lahmt. Doch was dürfen die Kontrolleure und wo arbeiten sie? Vielleicht im Kartellamt

BERLIN taz ■ An Otto Stromverbraucher ist die Liberalisierung vorbeigegangen: Seit drei Jahren steigen die Strompreise für Kleinkunden wieder und sind so hoch wie vor der Liberalisierung. „Der Wettbewerb im Strommarkt ist mittlerweile auf ein Abstellgleis gelangt“, sagte gestern Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Grünen auf der Konferenz „Regulierung in der Energiewirtschaft“ in Berlin. Das größte Problem seien zu hohe Netzgebühren, die die Branchenriesen den Wettbewerbern für die Stromdurchleitung berechnen: Für Haushaltskunden machen die Netzgebühren heute 70 bis 80 Prozent der Stromrechnung aus, so Hustedt.

Um den Wettbewerb wieder auf die Schnelltrasse zu hieven, soll spätestens im Juli 2004 eine Regulierungsbehörde für den Strom- und Gasmarkt ihre Arbeit aufnehmen. Dazu hat die EU-Kommission Deutschland verpflichtet. Doch noch ist völlig unklar, welche Kompetenzen die Kontrolleure bekommen: Werden sie nur die Rechnungen für die Stromdurchleitung überprüfen, oder legen sie auf den Cent genau fest, welche Gebühren E.ON, RWE und Co. verlangen dürfen? Klarheit bringen soll der Bericht über den Strommarkt, den Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) für diese Woche angekündigt hat.

Derzeit steht das Bundeskartellamt der Marktmacht der Netzbetreiber wehrlos gegenüber: Die Wettbewerbshüter wiesen der E.ON-Tochter Teag überhöhte Gebühren nach, genauso den Stadtwerken Mainz und der RWE Net. Die Beschuldigten klagten gegen die Senkungsvorgaben, die das Kartellamt als Folge ihrer Prüfung verhängte. Bislang erfolgreich – alle drei verlangen weiterhin zu hohe Gebühren. „Den Schaden tragen Wettbewerber und Verbraucher“, sagte gestern Kartellamtschef Ulf Böge.

Böge machte deutlich, dass er seine Behörde für geeignet hält, künftig die Strommarktregulierung zu übernehmen. Er schlug vor, nur die Methoden vorzuschreiben, nach der die Netzbetreiber ihre Gebühren berechnen, und deren Einhaltung zu kontrollieren. Doch die Verbraucherschützer fordern weitgehendere Regelungen: „Die Regulierungsbehörde muss die Tarife der Netznutzung selbst festlegen“, so der Verbraucherzentralen-Bundesverband. Geht es dagegen nach Vattenfall-Chef Klaus Rauscher, dürfte die Behörde nicht mal die Spielregeln festsetzen, sondern allenfalls Schiedrichter sein. Heute wird Matthias Kurth, Chef der Telekom-Regulierungsbehörde, auf der Tagung Stellung nehmen. Auch seine Mitarbeiter könnten die neuen Strommarkt-Kontrolleure werden. BERND MIKOSCH

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