■ Die Autoindustrie kann hoffen: Guten Flug und Bahn ade!
betr.: „Die Bahn wähnt sich beflügelt“, taz vom 10. 10. 02
Wer in Zukunft spontan reisen will, sollte morgens oder abends nach Tegel, Schönefeld oder Tempelhof fahren, da ist billiger reisen und schneller ankommen, für Singles allemal, drin. Guten Flug und Bahn ade. ILSE SCHWIPPER, Berlin
Nach dem Bonuspunktesystem bin ich ein VIP, und ganz modern kann ich mir sogar von zu Hause Karten bestellen, per Kreditkarte zahlen und ausdrucken; auch die Fahrkartenautomaten beherrsche ich aus dem Effeff. Auch Wochen im Voraus kann ich als regelmäßiger Pendler meine Züge vorhersagen und beten (insbesondere, dass der Anschluss auch diesmal klappt, amen).
Mein Fehler: Ich wohne in der Provinz Südniedersachsen und mein Bahnof (ohne Zug, aber mit Schienenersatzverkehr) steht zwar in der Fahrkartenauskunft, nur bestellbar ist er weder online noch im Automaten, und so stehe ich wieder am von Mehdorn so geschmähten Schalter. Dort wird der Bahnhof auch nicht gefunden (Nr. 1717), aber man hilft gerne dem Personal weiter.
Frage an Herrn Mehdorn: Was passiert, wenn zwar ich, aber die Bahn nicht den Anschluss halten kann? Bitte an Herrn Mehdorn: Nehmt Einbeck-Mitte (Bhf. 1717; 30.000 Einwohner!) ins Programm und ihr sieht mich nie wieder in einer Schalterschlange…
GERALD SCHLEIWIES, Einbeck
Die neuen Tarife der Bahn sind doch eigentlich ganz toll. Nur eine Kleinigkeit muss noch verändert werden. Aber das werden die Vollblutökologen Mehdorn – Clement – Schröder auch noch hinkriegen. Das System sollte nämlich nicht für Fahrkarten, sondern für den Spritkauf an der Tankstelle gelten! Wenn mensch erst mal eine Woche vorher anmelden muss, an welcher Tankstelle, an welchem Tag, zu welcher Uhrzeit wie viel Sprit gekauft werden soll, dann, da bin ich mir sicher, wird viel mehr Bahn gefahren werden als bisher! HOLGER BERGMANN, Stuttgart
Bei all der (völlig berechtigten) Kritik an den neuen Preisen der Bahn, in der taz wie anderswo, vermisse ich jegliche Kenntnisnahme, dass Senioren und Junioren in besonderem Maße demnächst benachteiligt werden. Bei der Gegenüberstellung von Vorteilen und Nachteilen der neuen Preispolitik wird immer wieder als Vorteil die halbierten Kosten der neuen Bahncard in die Waagschale geworfen. Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass Senioren und Junioren, die die bisherige Karte zum halben Preis erhielten, nunmehr genauso viel bezahlen wie alle anderen, das heißt, dass die Erhöhung der Fahrtkosten bei ihnen viel stärker zu Buche schlägt. […] ANGELIKA SCHNEIDER, Lilienthal
Das ist doch die Rettung für die Automobilindustrie!! Das neue Tarifsystem von Generaldirektor Mehdorn und seinem Mittäter H. G. Koch!
Ich bin Rentnerin, gerne spontan allein reisend, seit zehn Jahren aus ökologischen Gründen mit der Bahn fahrend. Obgleich ich mit 73 Jahren für mich und andere im Verkehr eine Gefahr darstelle, werde ich mir wohl in Kürze wieder ein Auto zulegen. Und da stehe (oder fahre) ich nicht allein.
Die Autoindustrie kann hoffen, denn es werden Arbeitsplätze geschaffen. Ich wünsche von Herzen unserem Nachbarland Italien mit Fiat Turin und anderen einen Generaldirektor Mehdorn!!
FRAUKE MEISSNER
Zum Vergleich: Mit dem Auto habe ich flexible Abfahrtszeiten, kann mir meinen Rabatt selber geben (je nachdem, wie schnell ich fahre, schwankt der Benzinverbrauch), wenn ich mehr zahle, bin ich bedeutend schneller als die Bahn. Normalerweise fahr ich nachts, da sind dann auch keine Staus und das Fahren gestaltet sich stressfrei und entspannend. Des Weiteren bin ich verschont von überfüllten Zügen (nun gut, überfüllte Züge wird es nach der Bahnreform sicher nicht mehr geben), kann die Musik hören, die mir gefällt, kann problemlos beliebig viel Gepäck mitnehmen (muss ja nicht umsteigen), und der Gruppenrabatt ist bedeutend attraktiver als bei der Bahn, denn im Zug wird es pro Person billiger, aber in der Menge mehr, im Auto bleiben die Gesamtkosten gleich und werden einfach geteilt.
Aus ökologischen und auch ideologischen Gründen würde ich liebend gern Bahn fahren, aber ich habe leider weder das Geld für diesen Luxus noch die Nerven, mich auf die Steine, die einem die Bahn auf der Fahrt in den Weg legt, einzulassen. Mehdorn wird schon wissen, warum er zu Geschäftsterminen normalerweise das Flugzeug nimmt. […] TIM ARETZ, Ilmenau
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