Die Antiatombewegung mobilisiert: Menschenkette ums Atomforum
Am Mittwoch gibt's Proteste in Berlin, weil sich die Atomindustrielobby dort trifft - "zur Informationsvermittlung", sagt der Geschäftsführer, "als Teil der PR-Strategie", meinen die Gegner.
BERLIN taz Auch eine Konferenz im Winter kann die Gemüter erhitzen - zumindest wenn es um Atomkraft geht. Für Mittwoch lädt die deutsche Atomwirtschaft nach Berlin. Atomkraftgegner haben bereits Proteste angekündigt. Sie wollen den Tagungsort mit einer Menschenkette "umzingeln".
Bereits zum vierten Mal trifft sich das Deutsche Atomforum, der Interessenverband der deutschen Nuklearindustrie, zur Wintertagung in Berlin. Zwei Tage lang soll im Hotel Maritim über "Energieverantwortung für Deutschland" diskutiert werden. Geladen sind auch Vertreter aus Politik, Medien und Wissenschaft. Als prominente Gastredner haben sich Hans-Werner Sinn vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung und der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) angekündigt. Wer sich das anhören möchte, muss tief in die Tasche greifen. 890 Euro kostet die Teilnahme.
Wesentlich günstiger kommen die Atomkraftgegner davon, die auf der Straße ihren Unmut über die Veranstaltung der Atomlobby äußern. "Die Konferenz ist ein zentraler Bestandteil der PR-Strategie der Atomlobby", heißt es im gemeinsamen Demoaufruf der Kampagne .ausgestrahlt, des Onlinenetzwerks Campact und der Berliner Gruppe Nixatom. Die Atomlobby wolle die öffentliche Meinung zugunsten der Risikotechnologie ändern. Dabei verbreite sie "Scheinargumente und Halbwahrheiten". Atomkraft sei aber unsicher, teuer und könne das Klima keineswegs retten.
Beim Atomforum weist man den Vorwurf von sich: "Das ist eine Fachtagung", sagt Geschäftsführer Dieter Marx. Ziel sei die Informationsvermittlung und die Diskussion von Sachfragen. "Dass es Proteste gibt, ist für uns nichts Neues."
Dieses Jahr planen die Atomkraftgegner eine Demonstration von der Zentrale des Energiekonzerns Vattenfall zum Tagungsort des Atomforums. Dort soll sich der Demozug aufteilen, sodass auf den Straßen um das Hotel eine 800 Meter lange Menschenkette entsteht.
Dafür müssten mindestens 1.000 Menschen zusammenkommen - deutlich mehr als in den letzten Jahren da waren. Dennoch sind die Veranstalter optimistisch: "Ich halte es schon für realistisch", sagt Julia Seeliger von Campact. Schließlich würben tausende Plakate, Flugblätter und Aufkleber für die Demo. Selbst in den Berliner U-Bahnen wird mobilisiert. Eine knappe Woche lang soll dort alle 15 Minuten ein Werbespot über den Bildschirm flimmern.
Hinzu kommen 25 Großplakate mit Argumenten gegen Atomkraft, die auf Werbeflächen um den Tagungsort zu sehen sein werden. Eines der sechs unterschiedlichen Motive lautet: "Mit der Atomenergie ist es wie mit der Finanzkrise: Gewinn für wenige, Risiko für alle!" Am heutigen Montag wird das erste Plakat am Berliner Alexanderplatz enthüllt.
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