: Die Anti-Stimmännin
Die Schweizer Architektin Regula Lüscher Gmür wird neue Senatsbaudirektorin. Sie ist modern – und nicht ohne Mut
In die Fußstapfen von Hans Stimmann, der Ende 2006 in den Ruhestand ging, tritt ab dem 1. März dieses Jahres Regula Lüscher Gmür. Gestern ernannte der Senat auf Vorschlag der Stadtentwicklungsverwaltung die gebürtige Schweizerin und Architektin als zukünftige Senatsbaudirektorin. Und alles deutet darauf hin, dass Hans Stimmanns Schuhe ihr nicht zu groß sind. Lüscher Gmür, so berichten Bauexperten aus Zürich, bringt nicht nur einen guten Ruf mit nach Berlin, sondern auch eigene Vorstellungen von Architektur und Städtebau – nämlich sehr moderne. Stimmanns Gestaltungsansatz für die Entwicklung Berlins nach dem Fall der Mauer hingegen war konservativ geprägt.
Regula Lüscher Gmür, die seit 2001 als stellvertretende Direktorin im Zürcher Amt für Stadtplanung tätig war, entwickelte etwa das Gewerbeareal „Züri West“ zu einem neuen Wohn- und Dienstleistungsviertel. Gewagte Hochhäuser, schnittige Gebäude, futuristische Planungen für das neue Fußballstadion ließ sie entwerfen. Die kuschelige Zürcher Innenstadt illuminierte die Architektin mit supergreller Beleuchtung – „wofür man sie hasste“, wie ein Stadtplanungsfachmann erzählt. „Lüscher Gmür ist eine moderne, manchmal revolutionäre Architektin.“
Dass in Berlin nicht jede Menge Hochhausplanungen auf sie warten, sondern die Rekonstruktion der Innenstadt, bauliche Wunden wie das Kulturforum, der Umgang mit Plattenbauvierteln sowie mit denkmalwerten Industriearealen, spricht nicht gegen die Wahl. Die 45-jährige, in Basel geborene Architektin besitzt wohl auch dafür Qualitäten.
Studiert hatte Lüscher Gmür an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Nach Abschluss des Architekturstudiums 1986 arbeitete sie in namhaften Architekturbüros. Nach ihrer Rückkehr aus Wien 1989 eröffnete sie gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Architekturbüro in Zürich. In ihrer zehnjährigen selbstständigen Tätigkeit beschäftigte sich Lüscher Gmür vor allem mit städtebaulichen Aufgaben und öffentlichen Bauten. Als Mitglied der Stadtbildkommission in Bern war sie zugleich konfrontiert mit historischer Bausubstanz, der Denkmalpflege und Rekonstruktion.
Berlin hat lange gesucht für die Nachfolge Stimmanns. Dass Lüscher Gmür keinen Berliner Stallgeruch hat, kann von Vorteil sein. Es gehört aber auch eine Menge Mut dazu. Barbara Jakubeit aus Bonn wurde als Senatsbaudirektorin hier belächelt. Lüscher Gmür ist also gewarnt. Und man sagt, sie habe gute Nerven. Wir sind gespannt. ROLA