: Die Anderen
■ "Liberation" zur Regierungserklärung Helmut Kohls zum Luxemburger Arbeitsmarktgipfel / "Tagesspiegel" zu Verhandlungen zwischen EU und der Türkei / "Märkische Oderzeitung" zum Urteil über den Fraktionsstatus der PDS
Die Pariser „Libération“ zur Regierungserklärung Helmut Kohls zum Luxemburger Arbeitsmarktgipfel der EU: Helmut Kohl ist es gelungen, gestern im Bundestag eine halbe Stunde über den bevorstehenden europäischen Beschäftigungsgipfel zu sprechen. Eine beachtenswerte Leistung, wenn man weiß, wie sehr diese Initiative der französischen Regierung ihrem deutschen Kollegen auf die Nerven geht. Helmut Kohl, von seinen europäischen Partnern, vor allem vom Präsidenten der Kommission, Jacques Santer, beschuldigt, jede quantifizierte Festlegung bei der Verringerung der Arbeitslosigkeit verhindern zu wollen, wollte versichern, daß er den Gipfel in einem konstruktiven Geist angeht. Das, eine Woche vor dem Gipfel gesagt, bleibt die Parole der deutschen Regierung, all das zu blockieren, was in Luxemburg blockiert werden kann. Die Idee dieses Beschäftigungsgipfels, von Kanzler Kohl im Juni widerwillig akzeptiert, wird von der deutschen Regierung weiterhin als eine „Traumfabrik“ betrachtet, die viele künftige Enttäuschungen erzeugt.
Der „Tagesspiegel“ aus Berlin schreibt zu den Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei: Tatsächlich versperren zahlreiche handfeste Hindernisse der Türkei den Weg in die Europäische Union: die Menschenrechtssituation im Lande, der Konflikt mit den Kurden, die nach wie vor großen Demokratiedefizite, die völkerrechtswidrige militärische Besetzung Nordzyperns. Wer den Türkei-Kurs der Außenminister der Europäischen Union genauer untersucht, der wird sehr schnell wieder den üblichen Etikettenschwindel, ja die Unehrlichkeit im Verhältnis mit Ankara entdecken: Die Türken sollen an der geplanten „Europakonferenz“ zwar teilnehmen dürfen, aber die „Konferenz der Enttäuschten“ wird nur eine unverbindliche Diskussionsrunde „für allgemeinpolitische Fragen“ sein. Die Europäische Union sollte der Türkei privilegierte Beziehungen an-
bieten, die über die Zollunion hinausgehen. Dieser Vorschlag ist nicht nur realistischer. Er ist auch ehrlicher.
Die „Märkische Oderzeitung“ aus Frankfurt (Oder) zum Urteil über den Fraktionsstatus der PDS: Im Ernst hatte wohl niemand in der PDS-Spitze damit gerechnet, den Fraktionsstatus für die bisherige Bundestagsgruppe einklagen zu können. Die Lage ist klar, und das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe konnte gar nicht anders entscheiden. PDS-Bundestagsgruppenchef Gregor Gysi hat nun die Devise ausgegeben, die Partei müsse im kommenden Jahr unbedingt die fünf Prozent schaffen, um den Fraktionsstatus zu erreichen. Gysi und Genossen haben trotz aller Verbalattacken gegen das Karlsruher Urteil längst begriffen: Bei der Bundestagswahl 1998 hat nicht ein Gericht, sondern der Wähler das letzte Wort.
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