■ Die Anderen: „Maariv“ kommentiert den israelischen Truppenabzug aus Westjordanland / „Le Monde“ schreibt zur deutschen Reaktion auf die Flucht der Kurden / Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beschäftigt sich mit den geplanten Prämien für Informanten über Steuerhinterziehung
Die israelische Zeitung „Maariv“ kommentiert die Debatte um den israelischen Truppenabzug aus dem Westjordanland: Der zurückgetretene Außenminister David Levy ist offenbar 2,5 Prozent des Westjordanlands wert. Das zeigt die Tatsache, daß bis zu seinem Rücktritt von Truppenabzügen aus 10,5 Prozent des Gebiets gesprochen wurde, die Zahl aber nach seinem Ausscheiden plötzlich auf nur acht Prozent sank. Falls der rechte Ariel Scharon das Außenministerium übernehmen sollte, könnte die Zahl weiter auf sechs Prozent sinken. Der politische Börsenwert des moderaten Verteidigungsministers Izchak Mordechai treibt die Zahl möglicherweise wieder um 1,5 Prozent nach oben, so daß wir wieder bei 7,5 Prozent wären. Wenn der US-Nahostbeauftrage Dennis Ross 0,5 und US-Präsident Bill Clinton fünf Prozent wert sind, wären wir bei 13 Prozent angelangt. Da diese Zahl bei den Gojim (Nichtjuden) aber Unglück bringt, ist die endgültige Zahl 14 Prozent. Zum ersten, zum zweiten, zum dritten – verkauft! So läuft gegenwärtig der politische Prozeß, der auf das Niveau eines Flohmarkts abgesunken ist – als gehe es um den Kauf eines Schemels und nicht um das Schicksal unseres Landes.
„Le Monde“ aus Paris schreibt zur deutschen Reaktion auf die Flucht der Kurden: Als mutmaßliches Hauptziel der in Italien gelandeten Einwanderungskandidaten versucht Deutschland, das sehr starke türkische und kurdische Gemeinschaften beherbergt, seine Partner zu mobilisieren, um einen Flüchtlingszustrom zu vermeiden, der in einem Wahljahr schwer zu akzeptieren wäre. Die Bonner Reaktion ist um so lebhafter, als die deutsche Regierung den Vorwurf fürchten muß, sich selbst in diese schwierige Situation gebracht zu haben. Deutschland hat beim Gipfel von Luxemburg gemeinsam mit Griechenland ein wesentliche Rolle dabei gespielt, die Türkei vom Erweiterungsprozeß der Europäischen Union fernzuhalten. Und es nahm auch hin, daß Italien in den Schengen- Raum eintritt, ohne die nötigen gesetzlichen Vorkehrungen getroffen zu haben.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beschäftigt sich mit den geplanten Prämien für Informanten über Steuerhinterziehung: Weil der Steuerstaat seine Zahler in dem von ihm geschaffenen absurden Vorschriftsdickicht nicht mehr kontrollieren kann, sollen die Einnahmen mit Hilfe von bezahlten Denunzianten gesichert werden. Wer Steuern hinterzieht, soll also damit rechnen müssen, daß ihn sein Nachbar, angespornt von der Aussicht auf ein paar Mark Belohnung (steuerfrei?), anzeigt. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die verfolgt werden muß. Wer dem Staat dabei helfen will, soll dies tun, ohne Prämie. Als Belohnung muß das Gefühl ausreichen, als Staatsbürger dazu beigetragen zu haben, die Gesetze zu wahren.
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