■ Die Anderen: "Le Monde" zu Kohls Wiederwahl / "Les Echos" zu Frankreichs Haltung in der Irak-Krise / "Saarbrücker Zeitung" zum Bundesliga-Start / "Süddeutsche Zeitung" zum Öffentlichen Bundeswehrgelöbnis
„Le Monde“ aus Paris sieht schwarz für Kohls Wiederwahl: Es scheint, als sei Kohl schlecht gestartet: 16 Jahre an der Macht haben den 67jährigen verbraucht. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, von der im Westen jeder zehnte und in der ehemaligen DDR jeder fünfte betroffen ist, weist er eine unheilvolle Bilanz auf. Der Bonner Koalition ist es nicht gelungen, ihre Reformen durchzusetzen, was – es stimmt – an der Opposition im Bundesrat liegt, der von den Sozialdemokraten kontrolliert wird. Die Umfragen zeigen einen komfortablen Vorsprung für die SPD. Aber die Erfahrung von 1994, als Kohl in den Umfragen als Verlierer galt und doch noch gewann, mahnt zur Vorsicht. Insbesondere könnte es sein, daß der Wirtschaftsaufschwung Auswirkungen auf den Stellenmarkt haben könnte, zumindest im Westen.
Die Wirtschaftszeitung „Les Echos“ analysiert Frankreichs Haltung in der Irak-Krise: Paris will aus der Solidarität mit Washington nicht ausscheren. Deshalb wird es sich einem alleinigen Einsatz, mit dem US-Außenministerin Albright dem Irak droht, nicht in den Weg stellen. Aber die französische Regierung glaubt nicht, daß eine Militäraktion Bagdad zur Vernunft bringen kann. Im Gegenteil: Alles legt den Eindruck nahe, daß Saddam Hussein dies zum Vorwand nehmen wird, um mit den Vereinten Nationen zu brechen. Dann gäbe es kein Mittel mehr, die Rüstungsanlagen Iraks zu kontrollieren. Alle Welt ist sich darüber im klaren, und die USA bekommen für ihren Kurs uneingeschränkte Unterstützung fast nur aus London.
Die „Saarbrücker Zeitung“ zum Bundesliga-Start: Die Fußball-Bundesliga sitzt auf einem Pulverfaß, und das wird spätestens explodieren, wenn das Bundeskartellamt die zentrale Vermarktung der Liga durch den DFB verbietet. Keine Utopie dann: Bayern wird für die Fernsehübertragung nur eines Spieles zehn Millionen Mark verlangen können und vermutlich auch bekommen. Nicht so attraktive Klubs wie der MSV Duisburg oder Arminia Bielefeld werden dann weniger im Fernsehen zu sehen sein, was sich auf Verhandlungen mit Trikotsponsoren auswirken wird, weil die ja im Pantoffelkino präsent sein wollen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ beschäftigt sich mit dem öffentlichen Bundeswehrgelöbnis: Die SPD ist im Nachteil, solange ihre Gegner die alten Töne von den vaterlandslosen Gesellen noch pfeifen können und Leute Gerüche aus den Aromakapseln längst vergangener Kämpfe noch erkennen. Sie wird zwischen PDS und CDU zerrieben, wenn sie sich auf Fronten aus der Zeit vor Godesberg einläßt und wenn kein Sozialdemokrat erklären mag, daß es in diesem Land seither keine Lager mehr gibt, die entlang von Parteigrenzen funktionieren.
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