■ Die Anderen: "Les Echos" schreibt zur Ernennung Augusto Pinochets zum Senator auf Lebenszeit / Der "Guardian" meint, daß UN-Truppen eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung des Kosovo-Konflikts haben / Die Wiener "Presse" zum Kosovo-Konflikt
„Les Echos“ aus Paris schreibt zur Ernennung Augusto Pinochets zum Senator auf Lebenszeit: Theoretisch steht Pinochet nun unter dem Schutz der parlamentarischen Institution, die er 16 Jahre lang niedergeworfen und mundtot gemacht hat. Aber der Urheber des Staatsstreiches gegen Salvador Allende und Totengräber des chilenischen sozialistischen Experiments ist kein Mann, den solche Widersprüche stören. Man hielt ihn für die Verkörperung eines gekränkten Nationalismus und für ein Bollwerk der marxistischen Internationale dieser Zeit. Pinochet hat aus seinem Land 1975 ein wirtschaftliches und soziales Versuchsfeld für die „Schule von Chicago“ des Wirtschafts-Nobelpreisträgers Milton Friedman gemacht. Doch die Geschichte wird von ihm zunächst sein politisches Werk in Erinnerung behalten, das mit einem Blutbad begann, mit brutaler Unterdrückung weiterging und im Staatsterrorismus endete.
Der Londoner „Guardian“ meint, daß UN-Truppen eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung des Kosovo- Konflikts haben: Die Entscheidung, sich für Erweiterung und Verlängerung des Mandats für UN-Truppen an der Grenze zu Mazedonien einzusetzen, ist von entscheidender Bedeutung. Die Idee muß aber zügig weiterentwickelt werden. Sie könnte die Grundlage für eine Nachfolgetruppe sein, die mit Ausweitung der militärischen Verbindung nach Albanien gekoppelt werden könnte. Diese neue „Brandmauer“ würde wenigstens als militärischer Puffer wirken, der ein Übergreifen des Kosovo-Konflikts in das westliche Mazedonien und über die albanische Grenze verhindert. Diese Sanktionen sind bescheiden, aber sie fordern eine Antwort von Belgrad heraus.
Die Wiener „Presse“ schreibt zum Kosovo-Konflikt: Jahrelang haben die Kosovo-Albaner Entwürdigungen und den Entzug ihrer existentiellen Grundlagen erduldet, ohne in ihren politischen Forderungen Vernunft und Machbarkeit aus den Augen zu verlieren. Zwar war die staatliche Unabhängigkeit für viele ein Traum, dennoch bezeichnete die Führung der Kosovo-Albaner dieses Ziel niemals als unabdingbar; sie wollte die 1990 widerrufene Autonomie zurück, sie wollte Schulgebäude, Arbeitsplätze, Gesundheitsfürsorge. Jetzt, nach acht Jahren, verlangt eine Untergrundarmee, über die Albaner-Führer Rugova keine Autorität hat, die Unabhängigkeit. Und prompt macht Milošević einen Dialog, wie ihn die internationale Staatengemeinschaft unter Androhung von Sanktionen fordert, davon abhängig, daß die Kosovo- Albaner auf die staatliche Souveränität verzichten. Wenn das alles ist, was Belgrad will – warum hat Milošević nicht all die Jahre, in denen die Forderungen sich auf Autonomie beschränkten, genutzt, um mit Priština zu verhandeln?
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