■ Die Anderen: Zu den Verhandlungen über die Aufnahme in die EU bemerkt "Le Figaro" / Zur Krise in Rußland schreibt "La Repubblica" / Die "New York Times" kommentiert die Situation im Irak, wo UN-Experten die präsidialen Anlagen untersuchen
Zu den jetzt beginnenden Verhandlungen über die Aufnahme neuer Staaten in die Europäische Union bemerkt „Le Figaro“ skeptisch: Freiheit, Friede und Wohlstand stehen auf der Liste der Verhandlungen, die lang und schwierig sein dürften. Die EU riskiert, daß sich dabei ihre Identität ändert und daß sie an Wirksamkeit in dem Maße verliert, wie sie sich geographisch ausweitet. Die Erweiterung, so bedauert ein Botschafter, der anonym bleiben will, „wird die Totenglocke des Europa schlagen, von dem wir träumen“. Aber der Eiserne Vorhang ist gefallen, und es steht außer Frage, den Bewerberländern den Beitritt zur wiedervereinigten europäischen Familie zu verweigern.
Zur Krise in Rußland schreibt die „La Repubblica“ aus Rom: Der Kreml gibt zu, daß er von der Entscheidung Wiktor Tschernomyrdins, bei den Präsidentenwahlen im Jahr 2000 zu kandidieren, „in bestimmter Weise überrascht“ worden war. War doch Tschernomyrdin fünf Jahre lang Jelzins treuer Befehlsüberbringer an der Spitze der Regierung. Dies beweist aber, daß der unerwartete Schritt des Ex-Premiers nicht Teil einer mit dem Präsidenten abgestimmte Politik ist. Das Spiel der Zweideutigkeiten geht also weiter. Eine Krise ohne Regeln, die jeden Tag eine Überraschung parat hat, eine Improvisation, die wiederum eine weitere nach sich zieht, eine unaufhaltsame Verkettung.
Die „New York Times“ kommentiert die Situation im Irak, wo UN-Experten die präsidialen Anlagen von Saddam untersuchen: Die neuen Arrangements für die Inspektion der irakischen Präsidentenpaläste funktionieren relativ gut. Aber diese ersten Besuche, auf die der Irak sich lange vorbereiten konnte, sind nicht der wirkliche Test für die Einigung, die UN-Generalsekretär Kofi Annan ausgehandelt hat. Dieser Test wird anstehen, wenn die UN-Inspekteure später zu überraschenden Folgeuntersuchungen in die Anlagen zurückkommen. Derzeit dokumentieren die Inspekteure Dimensionen und Grundriß der präsidialen Anlagen und markieren Räume, in denen Waffen oder Dokumente versteckt sein könnten. Ein Grund für die kooperative Haltung Iraks könnte sein, daß Bagdad wochenlang Zeit hatte, verdächtige Dinge wegzuschaffen. UN-Inspekteure haben die Theorie aufgestellt, daß die Paläste als vorübergehende Verstecke für Verdächtiges genutzt wurden, das die Inspekteure anderswo bald gefunden hätten.
Wenn sich dieses Muster wiederholt, könnten zukünftige Untersuchungen in den Präsidialanlagen neue Konfrontationen zur Folge haben. So wird es noch dauern, bis die UN-Inspekteure alle illegalen Waffen und Bestandteile aufgespürt und zerstört und ein verläßliches Überwachungssystem installiert haben. Und erst dann kann die UNO ernsthaft ein Ende der Sanktionen gegen Irak in Betracht ziehen.
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