■ Die Anderen: "Liberation" / "Guardian" zu den Atomversuchen
„Libération“ (Paris) schreibt zu den Atomversuchen: Das Ende des Kalten Krieges hat im Gegensatz zu den Hoffnungen unermüdlicher Optimisten nicht genügt, um die Erde in eine Gemeinschaft gutgewillter Völker und Nationen zu verwandeln, die nach Frieden und Zusammenarbeit streben. Die indischen und pakistanischen Atomversuche haben die Fata Morgana ausgelöscht: Der Wille zur Macht und Vergeltung hat sich mit dem Fall der Berliner Mauer nicht in Luft aufgelöst. Das Wunder hat nicht stattgefunden. Indien und Pakistan können nur diejenigen bestärken, die das Atomwaffenmonopol einiger weniger ablehnen und die Vorzugsbehandlung verurteilen, die China, aber auch Israel zuteil wird.
Der „Guardian“ (London) meint zum gleichen Thema: Pakistans Test hat die Region über eine gefährliche Schwelle geführt – und die übrige Welt mit ihr. Zum ersten Mal, seit China 1964 zur Atommacht wurde, wird der nukleare Klub erweitert. Diesmal kommen zwei Mächte hinzu, die sich in tief verwurzelter Feindschaft über eine gemeinsame Grenze und eine langsam durchbrennende Sicherung in Kaschmir gegenüberstehen. All dies geschieht in einer Welt, die den Kalten Krieg abgeschlossen hat und in der wirtschaftlicher Wettbewerb unter der Flagge der Globalisierung veraltete territoriale Feindseligkeiten ersetzen sollte. Der Westen hätte sich in seiner Selbstgefälligkeit nicht falscher verhalten können.
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