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■ Die AnderenDas PDS-nahe Blatt "Neues Deutschland" hält die positive Arbeitsmartkentwicklung für einen Trick / Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sieht die neuen Arbeitslosenzahlen anders / Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt zur WM

Das PDS-nahe Blatt „Neues Deutschland“ hält die positive Arbeitsmarktentwicklung für einen Trick: Die „Trendwende“, die Kohl erleichtert feststellte, nennen die einen Strohfeuer, andere Augenauswischerei und dritte unmißverständlich Wahlbetrug. Den allerdings haben sich Kohl, Blüm und Waigel einiges kosten lassen. Mit ein paar Bananen vor dem Wahltag ist das vereinte Volk nicht mehr gewogen zu stimmen. Deshalb mußten die Bonner Kassen im Wahljahr fast doppelt so viel wie sonst für aktive Arbeitsmarktpolitik ausspucken. Jetzt weiß man, wofür Finanz- wie Arbeitsminister einst die Etats der Arbeitsämter strangulierten, ABM-Mittel kürzten und Umschulungsprojekte einstampften. Es mußte angespart werden, um die Bewegung auf dem Arbeitsmarkt zum Wahlkampfhelfer zu machen. Doch Stroh zu Gold spinnen kann auch der Kanzler nicht.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sieht die neuen Arbeitslosenzahlen anders: Der Rückgang der Arbeitslosigkeit ist ein Hoffnungszeichen. Zu übertriebenem Jubel, wie er mit Blick auf die Wahlen aus den Reihen der Regierungskoalition ertönt, besteht daher ebensowenig Anlaß wie zu den pessimistischen Äußerungen der Opposition und der Gewerkschaften, die für das Wirtschafts- und Investitionsklima in Deutschland eine Mitverantwortung tragen. Die Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt lassen sich durchaus meistern. Das zeigt die Entwicklung in anderen Ländern. Dazu sind freilich weitere Reformen notwendig, eine anhaltend moderate Lohnentwicklung und auch die Bereitschaft der Gesellschaft, den Gürtel enger zu schnallen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt zum Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft: In der Blüte seines Wachstums hält sich der Fußball für unverwundbar. Die Politik verschafft ihm Sonderrechte, und die Klubs drängen an die Börse in der naiven Zuversicht, daß zukünftige Aktionäre weiterhin so brav mitspielen werden wie einst die Mitglieder der Jugendabteilung. Das könnte ein Trugschluß sein. Zwar ist der Fußball gegen Quotenerosionen resistenter als Sportarten wie Tennis, Boxen oder Formel 1, die von wenigen Beckers, Maskes, Schumachers abhängen. Doch baut er auf Finanziers, auf die kein Verlaß sein kann, weil sie nichts mehr fürchten als Wachstumsgrenzen. Und die sind in Sicht, bereits in Frankreich, wenn Stars wie Ronaldo oder Zidane ihren Marktwert mit besten WM-Auftritten nur noch ins Absurde steigern können, weil der schon heute beim Kaufpreis eines Passagierflugzeugs liegt. Die Branche überdreht, was sich nicht erst bei diesem WM-Turnier zeigen wird. Denn das muß erstmals 32 Teilnehmer verkraften, die kreuz und quer durchs Land tingeln. Die Spielregeln versagen eben, wo Marktgesetze greifen.

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