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■ Die Anderen„Corriere della Sera“ über das Flugverbot gegen Rushdie / Die „Washington Post“ über die Bombenanschläge auf US-Botschaften / „Les Echos“ kritisiert die Afrikapolitik der USA / „Le Figaro“ zum Vorstoß der Taliban-Milizen

Die Entscheidung von British Airways, den Schriftsteller Rusdie nicht mitfliegen zu lassen, kritisiert die Mailänder Zeitung „Corriere della Sera“: Ist es wirklich eine Ironie des Schicksals, daß die Zustimmung mit dem impliziten Segen der sozialdemokratischen Regierung von Blair kommt? Wir wußten ja bereits, wie gern sich der sympathische Labour-Führer von den Sirenen des freien Marktes verführen lassen wollte. Aber jetzt, da sich die Staatsräson in der Entscheidung materialisiert, den iranischen Forderungen nach einer Verbannung Rushdies nachzukommen, bleibt nur noch, nackt und krud, die trübe Tiefe des Zynismus. Er scheint des satanischen, fundamentalistischen Glaubens würdig, der die „Satanischen Verse“ als „religiöse Pornographie“ verurteilt hat.

Die „Washington Post“ befaßt sich mit den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Afrika: Offensichtlich war die US-Regierung auf diese Tragödie nicht vorbereitet. Bei beiden Schauplätzen wurde allgemein nicht davon ausgegangen, daß sich dort Terroristen anschleichen, und die Sicherheit der dortigen US-Einrichtungen wurde nicht hochgestuft, da man nicht von einem erhöhten Risiko ausging. Aber dies dürfte nicht auf einen bürokratischen Skandal zurückzuführen sein, sondern auf die verständliche Entscheidung, knappe Haushaltsmittel zu konzentrieren. Die Terroristen fanden einen schwachen Punkt.

Die Wirtschaftszeitung „Les Echos“ aus Paris kritisiert die Afrikapolitik der USA: Auch wenn kein direkter Zusammenhang zur Politik der USA in Schwarzafrika besteht, unterstreicht der doppelte Anschlag doch ihre Zerbrechlichkeit und ihre mangelnde Verankerung. Von dem „spektakulären Besuch“ Präsident Clintons in sechs afrikanischen Staaten im Frühjahr ist nicht viel übrig geblieben. Der im wesentlichen kommerzielle Ansatz der amerikanisch-afrikanischen Beziehungen scheint nicht überzeugt zu haben. Politisch erweist sich die US-Investition offenbar kaum als ergiebiger. Die Koalition aus Uganda, Ruanda und dem Kongo, die die USA unterderhand gesteuert zu haben scheinen, ist zerbrochen und in einen Bürgerkrieg in Ex-Zaire ausgeartet.

„Le Figaro“ aus Paris meint zum Vorstoß der radikalislamischen Taliban-Milizen im Norden Afghanistans: Mit dem Fall von Masar-i-Scharif steht ganz Afghanistan davor, unter die Knute der Taliban zu fallen, jener mittelalterlichen, bis an die Zähne bewaffneten Horden, die mit Hilfe der Auspeitschung, der Steinigung und der öffentlichen Amputation den Terror im Namen Allahs regieren lassen. Daß es am Ende des 20. Jahrhunderts einer Miliz aus „Theologiestudenten“ gelingt, ein solch düsteres Regime zu errichten, ist bestürzend. Daß die Weltmächte es so weit haben kommen lassen, ist unbegreiflich.

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