■ Die Anderen: "Financial Times" schreibt zu den Problemen des britischen Premierministers Tony Blair nach einer Serie von Rücktritten... / "Corriere della Sera" und "Quest France" schreiben zur Mißtrauensdebatte um die EU-Kommission
„Financial Times“ aus London schreibt zu den Problemen des britischen Premierministers Tony Blair nach einer Serie von Rücktritten und Skandalen in seiner Regierung: Immer wieder wird Tony Blair von dem gleichen Alptraum gequält: Er steht an seinem gewohnten Platz im Unterhaus, aber irgend etwas stimmt nicht. Da ist der starke Druck dieser mächtigen, rein funktionalen Brille auf seinem Nasenrücken. Und dann die Stimme... Um Himmels willen – Tony Blair hat sich in John Major verwandelt!
Das ist es, wovor er am meisten Angst hat: Daß die Schwächen und Eigenheiten seiner Minister dazu führen könnten, daß seine Regierung kaum noch anders wirkt als die letzte – und daß er als wohlwollender Zauderer erscheinen könnte, vergeblich darum bemüht, dem lärmenden ministeriellen Haufen Disziplin beizubringen. In beunruhigender Weise übernimmt er die schlechten Gewohnheiten seines Vorgängers. Er beschimpft die Presse, weil sie vom Privatleben der Politiker besessen ist und kein Interesse daran hat, der Öffentlichkeit die Regierungspolitik zu erläutern. Blair kämpft dagegen, langweilig zu werden.
„Corriere della Sera“ aus Mailand meint zur Mißtrauensdebatte um die EU-Kommission im Straßburger Parlament: Der ungewollte Krieg zwischen dem europäischen Parlament und der Kommission entwickelt sich zu einem Mechanismus der Selbstzerstörung, ohne daß sich auf der einen oder anderen Seite ein Führer mit der nötigen Autorität und politischen Intelligenz erheben würde, um den Prozeß aufzuhalten. Der externe Betrachter hat den Eindruck, einen Film der Serie B über den Kalten Krieg zu sehen, in dem die zwei Blöcke sich gegenseitig mit Nuklearwaffen zerstören, ohne überhaupt zu wissen warum. Es ist eine paradoxe Situation.
„Ouest France“ aus Rennes schreibt zum gleichen Thema: Nach dem Welterfolg der Geburt des Euro hat das Straßburger Parlament nichts Eiligeres zu tun, als die wiedergewonnene Glaubwürdigkeit der Union zu ruinieren. Zweifellos wird die Mannschaft von Jacques Santer die beiden gegen sie eingereichten Mißtrauensanträge überleben. In der Zwischenzeit kocht der parlamentarische Kessel weiter. Da sie nicht die Gesamtheit der 20 Kommissare zu Fall bringen können, fordern Grüne und Konservative zumindest den Kopf von Edith Cresson. Die ehemalige französische Premierministerin und ihr spanischer Kollege Manuel Marin werden der Unregelmäßigkeiten verdächtigt, wogegen sie sich wehren. Sicher liegt es an den Parlamentariern, darüber zu wachen, daß das Geld der Steuerzahler nicht unterschlagen oder vergeudet wird. Aber keine Verwaltung ist vor Unregelmäßigkeiten geschützt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen