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■ Die Anderen"Le Figaro", "Milliyet" zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft / "Quest-France" zum Beschluß der Bundesregierung, die atomare Wiederaufarbeitung zu beenden / "The Times" zu den Kämpfen in Sierra Leone

„Le Figaro“ aus Paris kommentiert die Bonner Koalitionsentscheidung zur doppelten Staatsbürgerschaft: Europa in seiner Gesamtheit muß Jahr für Jahr Hunderttausende Ausländer, die die Armut an die verlockenden Küsten der Alten Welt treibt, eingliedern. Es ist deshalb notwendig, daß sich eines Tages die elf (oder die fünfzehn) für eine einheitliche Politik entscheiden und sich die Möglichkeiten verschaffen, diese in die Praxis umzusetzen. In diesen Tagen ist das deutsche Beispiel zweifelsohne das spektakulärste. Gerhard Schröder hat in seinem Wahlkampf zugesagt, in seinem Land die alte Regel des Blutrechtes abzuschaffen. Es sollen diejenigen Deutsche sein, die in Deutschland geboren werden.

Auch „Milliyet“ aus Istanbul widmet sich dem Thema: Die aus Sozialdemokraten und Grünen zusammengesetzte Koalition will mit einer positiven und zeitgenössischen Haltung das nach Rassismus riechende Blutrecht aufheben. Wenn sie es schafft, wird die Zahl der türkischstämmigen deutschen Staatsbürger von gegenwärtig rund 220.000 in kurzer Zeit auf 1,7 Millionen steigen können. Aber die Konservativen leisten Widerstand. Sie, die immer noch seit vielen Generationen in Deutschland lebende Menschen als Ausländer, ja sogar als zweitklassig betrachten, müssen aber so schnell wie möglich umdenken. Anderenfalls werden diejenigen recht haben, die sagen, Hitlers Geist störe sie so oder so immer noch.

„Ouest-France“ aus Rennes kommentiert den Beschluß der Bundesregierung, die atomare Wiederaufarbeitung zu beenden: Frankreich steht an vorderster Front: Die Fabrik in La Hague bereitet die meisten der deutschen Abfälle auf. Die ältesten Verträge enden im Jahre 2000, und diejenigen, die den anschließenden Zeitraum umfassen und 1990 abgeschlossen wurden, können im Falle höherer Gewalt widerrufen werden. Die deutsche Regierung wird annehmbare Entschädigungen anstreben. Man kann aber dennoch darauf setzen, daß die Atomlobby ihre Interessen geltend macht und die Drohung mit eigenen, riesigen Entschädigungsforderungen benutzt, um Schröder zum Nachgeben zu bringen.

„The Times“ aus London kommentiert die Kämpfe in Sierra Leone: Vor 30 Jahren war Sierra Leone ein Land, dem eine blühende Zukunft bevorstand. Klein, stabil und ethnisch einheitlich, hatte es alle Chancen genutzt, die mit der britischen Herrschaft verbunden waren. Anfang der 50er Jahre wurde das Land zur weltweit größten Bezugsquelle für hochwertige Diamanten. Heute steht Sierra Leone ganz unten auf der Liste der armen Nationen. Es ist ein gescheiterter Staat. Wenn der Vormarsch der Rebellen gestoppt werden kann, ist eine Wiederherstellung normaler Verhältnisse möglich. Aber auch die Symbolik demokratischer Wahlen hat ihre Bedeutung. Es wird ein langer und kostspieliger Kampf werden.

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