Die Affen vom ZDF

Was passiert mit Tier-Darstellern? Die Dokumentation „Charly & Co“ (So. 13.45 Uhr, ZDF) klagt verhalten an

Ein schnuckeliger Schimpanse, ein smarter Tierarzt und ganz viel heile Welt – fertig ist die laut ZDF „vergnügliche Familienunterhaltung am Samstagabend“, „Unser Charly“. Seit neuneinhalb Jahren und mehr als 100 Folgen treibt der gleichnamige Schimpanse nun schon seinen Schabernack. Das ist so knuffig-plüschtierig anzuschauen, dass man fast vergessen könnte, dass es sich bei Schimpansen um wilde Tiere handelt, „die nach der Pubertät, ungefähr ab sechs, zu gefährlich werden, um mit ihnen zu drehen“, so Susanne Hillmann, ZDF-Redakteurin und Autorin der Dokumentation „Charly & Co – Schimpansen als Schauspieler“.

Was von Hillmann als Blick hinter die Kulissen eines ZDF-Publikumserfolgs mit fünf Millionen Zuschauern pro Episode gedacht war, geriet im Laufe ihrer Recherchen jedoch zu einer Anklage mit angezogener Handbremse. Hillmann war manchmal hin und her gerissen zwischen Loyalität zu ihrem Arbeitgeber und Berufsethos. „Letztendlich habe ich alle Kritikpunkte an der Serie aufgegriffen“, sagt sie. Es klingt wie ein Mantra: Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Trotzdem läuft ihre Dokumentation nicht etwa vor oder nach „Unser Charly“, sondern am Sonntag um 13.45 Uhr.

Der halbstündige Film gliedert sich in drei Teile: Am Anfang stehen die Dreharbeiten in Berlin, Hillmann spricht mit dem Stab über die Arbeit mit einem tierischen Hauptdarsteller. Hillmanns Fazit: „Unterbringung und Betreuung während der Drehs sind tadellos.“ Im zweiten Teil reist sie zum Charly-Trainer Steve Martin nach Frazier Park, Kalifornien. Dort muss Hillmann, Ex-„telezoo“-Redakteurin, feststellen, dass „Steve Martin’s Working Wildlife“ „nicht den deutschen Standards zur Haltung von Primaten entspricht“ – niedrige Gehege ohne Spielmöglichkeiten. Auch die partielle Einzelunterbringung sei für die „hochsozialen Gruppentiere“ nicht in Ordnung. Ihr Schluss: „Diese Unterbringung kann nur Zwischenstation sein“ – ist sie aber nicht immer, weil Martin große Schwierigkeiten hat, seine Tiere später in US-Zoos unterzubringen. Trotz dieser Defizite arbeitet das ZDF bislang unverändert mit Martin zusammen, Hillmann denkt aber, „dass Herr Bellut, unser Programmdirektor, sich verantwortungsvoll dieser Aufgabe widmen wird“.

Ausbaden müssen nicht artgerechte Haltung von Schimpansen, wie der letzte Filmteil zeigt, zum Beispiel die Mitarbeiter von „Monkey World – Ape Rescue Centre“ im südenglischen Wareham, Auffangstation für vom Menschen verpfuschte Affen, laut Hillmann ein „5-Sterne-Hilton für Schimpansen“. Dass ihnen der Aufenthalt dort erspart bliebe, wenn man sie erst gar nicht vor die Kamera ließe, sagt der Film indes leider nicht.

DAVID DENK