■ Zusammenbruch des Söldnerputsches auf den Komoren: Die Affen und der Zoowärter
„Afrikas Präsidenten“, so sagte einst Oberst Gaddafi, „sind die Affen im Zoo des Elysee-Palastes“. Man muß die Meinung des libyschen Revolutionsführers nicht teilen, um in den Ereignissen auf den Komoren tierisch komödienhafte Elemente zu entdecken. Erster Akt: Ein Präsident, der sich „wie im Elfenbeinturm“ fühlt, sieht untätig zu, wie sein Land in eine immer tiefere Krise stürzt. Zweiter Akt: Ein alter Bandenführer stürzt den Präsidenten mit einem wilden Söldnerhaufen. Dritter Akt: Diverse Politiker ernennen sich zum neuen Herrscher und verursachen allgemeine Konfusion. Vierter Akt: Die große Schutzmacht des kleinen Landes greift militärisch ein. Fünfter Akt: Der Banditenchef kapituliert, und die Politiker gehen die Neuordnung des Landes an.
Mit den Komoren hat es wenig zu tun, wenn ein französischer Putschistenführer gegenüber regulären französischen Soldaten die Waffen streckt. Frankreichs Militärintervention auf dem kleinen Inselstaat vor der afrikanischen Küste im Indischen Ozean ist denn auch nicht so sehr dem Wunsch geschuldet, den 450.000 Komorern etwas Gutes zu tun, sondern dem Bedarf nach eigener Größe. Es ist die erste französische Afrikaintervention seit dem Amtsantritt von Jaques Chirac. Der neue Präsident, der in der neokolonialen Tradition General de Gaulles' steht, will klarmachen, daß auf dem Schwarzen Kontinent mit Frankreich weiter zu rechnen ist, trotz der abnehmenden Bedeutung Afrikas für Paris. Ebenso wie regelmäßige Atomtests auf Moruroa dient das regelmäßige Inmarschsetzen der nahezu 10.000 ständig in Afrika stationierten französischen Soldaten dazu, Frankreichs Großmachtstatus unter Beweis zu stellen.
Weniger Interesse birgt für den französischen Präsidenten offenbar die Frage, ob dies überhaupt die Rolle ist, die einer europäischen Mittelmacht heute zukommt. Die Intervention auf den Komoren hält sich strikt an die Bestimmungen des französisch-komorischen Sicherheitsvertrages, wonach Frankreich den Komoren Beistand im Falle einer äußeren Aggression zu leisten hat – und eine solche ist der Angriff ausländischer Söldner eindeutig gewesen. Worauf es nun ankommt, ist, ob Frankreich bei der Einsetzung einer neuen Regierung die Komorer selbst entscheiden läßt, oder sich allein nach den eigenen Interessen richtet. Weder Präsident Djohar, von den Franzosen zur medizinischen Behandlung außer Landes geflogen, noch andere politische Führer der Inseln dürfen für den Zoowärter Chirac die Affen spielen. Sonst bleibt die Gefahr bestehen, daß bei der nächsten inneren Krise auf den Komoren wieder eine Hyäne wie Bob Denard hereingeholt wird. Dominique Johnson
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