: Dialog Peking – Berlin
Beim 8. Menschenrechtsdialog bleiben die Chinesen bei der Theorie. Die Deutschen pochen auf konkrete Rechte
BERLIN taz ■ An Metaphern ist bei der ersten Diskussionsrunde des deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialogs nicht gespart worden. Zum achten Mal veranstaltete die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung mit zwei KP-nahen Organisationen aus China vergangene Woche diese Gesprächsrunde. Gleich eingangs verglich Dr. Tao Tao von der Chinesischen Gesellschaft für Internationale Verständigung Menschenrechte mit Wassertropfen, die je nach Sonneneinstrahlung unterschiedlich gefärbt seien. Angesichts der unterschiedlichen Wirtschaftssituationen beider Länder seien Unterschiede bei den Menschenrechten nicht verwunderlich, so Tao Tao. Exjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) nutzte das Bild für ihr Gegenargument: Genau wie die Substanz des Wassers sei der Inhalt der Menschenrechte überall auf der Welt gleich und könne nicht vom nationalen Kontext abhängig gemacht werden.
Damit waren die Hauptlager des Diskussionsforums abgesteckt, das seit 1999 parallel zu dem zwischen der deutschen und chinesischen Regierung vereinbarten Rechtsstaatsdialog läuft. Während die chinesische Seite das Recht auf Entwicklung betonte, hoben deutsche Vertreter auf politische Rechte ab. Konkrete Fragen der Deutschen zur Umsetzung der Menschenrechte wurden meist mit langen theoretischen Abhandlungen der chinesischen Delegierten beantwortet. Gemein war beiden Seiten, dass sie „konstruktive Grundstimmung“ und die „Offenheit des Dialogs“ betonten.
„China ist im Hinblick auf Menschenrechte noch ein Entwicklungsland,“ hatte Prof. Li Benhai, außenpolitischer Berater der KP, kritisch in seiner Eröffnungsrede formuliert und die Erklärung gleich hinterhergeschoben: Zunächst müsse sich China in wirtschaftlicher Hinsicht entwickeln. Rudolf Bindig, ehemals SPD-Bundestagsmitglied und Sprecher für Menschenrechte, zeigte sich beeindruckt angesichts der selbstkritischen Haltung der Chinesen. Im Gegensatz zu den Anfängen des Dialogs würden heute Defizite im Menschenrechtsbereich offen angesprochen und „nicht ungeschickt“ begründet.
Am Ende standen wieder Metaphern. Benhai interpretierte den ersten Schrei eines Neugeborenen als Ausdruck seines Rechtes auf Nahrung, während die Ute Kumpf (SPD) in diesem Schrei die erste freie Meinungsäußerung erkennen wollte und mit dem Recht auf Pressefreiheit verband. Von chinesischer Seite erntete sie dafür ein müdes Lächeln. RUTH STREICHER