Deutschland bei der Baseball-WM: Immer der Reihe nach
Das deutsche Team hatte in der Vorrunde keine Chance gegen die USA und Geheimfavorit Venezuela. Die Zeichen stehen hierzulande dennoch auf Aufschwung.
Als in Regensburg der letzte Pitch geworfen und der letzte Ball geschlagen war, da strahlte Martin Miller immer noch. Damit war er kurzzeitig allerdings etwas allein. Denn durch ein 1:12 gegen Venezuela war die deutsche Nationalmannschaft schon in der Vorrunde der WM ausgeschieden.
Nicht einmal die deftige Niederlage gegen den Geheimfavoriten aus Lateinamerika konnte dem notorisch gut aufgelegten Miller, dem deutschen Vizepräsidenten des Baseball-Weltverbands, die Laune verderben. Schließlich muss Miller als Funktionär nicht nur den kurzfristigen Erfolg, sondern das große Ganze im Auge behalten. Und in diesem Rahmen waren die vier Tage von Regensburg trotz des abschließenden Desasters zweifellos ein Erfolg. Die mit Zusatztribünen auf eine Kapazität von 10.000 erweiterte Armin-Wolf-Arena meldete die mit Abstand besten Zuschauerzahlen aller fünf Vorrundenstandorte in ganz Europa. "Sogar das Wetter hat mitgespielt", freute sich Miller, "besser hätte es nicht laufen können."
Seit gestern spielen die besten 16 Mannschaften in Italien und Holland weiter um den WM-Titel. Die Deutschen aber sind nicht dabei. Am Schluss scheiterte das Team - trotz des 14:1-Auftaktsieges gegen China -, weil man dank unkonstanten Pitching und einer allzu oft wackligen Verteidigung zu viele Runs kassierte.
Dass die Deutschen gegen Venezuela - wie schon beim 1:9 tags zuvor gegen die USA - weitgehend chancenlos waren, hielt selbst ihren amerikanischen Trainer Greg Frady nicht davon ab, "the bigger picture" sehen zu wollen, also die "großartigen Tage für Baseball in Deutschland".
Tatsächlich: In diesen Feiertagen von Regensburg konnte man leicht den Eindruck gewinnen, der amerikanische Nationalsport wäre hierzulande eine Branche mit Wachstumspotenzial. Zum Spiel gegen die USA war sogar Thomas Bach erschienen, um den traditionellen Eröffnungs-Pitch zu werfen. Den setzte der DOSB-Chef in den Sand, und auch er wird wohl kaum mehr verhindern können, dass Baseball künftig nicht mehr im olympischen Programm vertreten sein wird.
Aber angesichts der Atmosphäre vor 9.600 Zuschauern wird er womöglich Miller unterstützen bei dessen Plänen, den Sport in Deutschland nachhaltig wachsen zu lassen. Liegen doch momentan Pläne auf Eis für eine Halle im Regensburger Leistungszentrum, in der die deutschen Spitzenleute auch im Winter trainieren könnten. Eine solche Trainingsmöglichkeit auch für die kalte Trainingszeit wäre aber unabdingbar, um sich auf lange Sicht in der Weltspitze etablieren, mit den international führenden Nationen aus Fernost, Nord-, Mittel- und Südamerika konkurrieren zu können. Bislang fliegen die besten Kräfte winters nach Florida, ein auf Dauer teurer Spaß. Mit solchen infrastrukturellen Maßnahmen oder den bereits erfolgreichen Graswurzelprogrammen an Schulen will Miller eine "kontinuierliche Entwicklung" in Gang setzen, an deren Ende Baseball seine Nische verlassen haben soll.
Doch braucht der deutsche Baseball nicht eher einen deutschen Helden, der sich im Mutterland des Sports durchsetzt? "Ein Nowitzki", sagt Miller, "würde uns heute erst einmal umbringen". Der Funktionär will nicht falsch verstanden wissen: Er hätte nichts gegen einen Boom, aber Tatsache ist, dass die Infrastruktur einen zu großen Zulauf gar nicht aufnehmen könnte. Es gibt zu wenige Vereine, zu wenige Trainer und zu wenige Spielfelder in Deutschland. Die vier WM-Tage von Regensburg waren nun ein weiterer Schritt zu Bedingungen, so Miller, "die einen Nowitzki überhaupt erst möglich machen".
Dann deutet er aufs grün leuchtende Spielfeld: "Nächste Woche werden dank der WM hier 300, 400 Kinder auf der Matte stehen. Das ist ein Problem, aber ein positives Problem." Dieses Problem wird dann vielleicht auch im kommenden Jahr in Südwestdeutschland auftreten: Im Juli 2010 findet die EM in Stuttgart, Heidenheim und Neuenburg statt. Dann soll der nächste Schritt getan werden in der nachhaltigen Entwicklung, die sich Martin Miller erhofft.
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