■ Deutschland anonym: „Nichtraucher werden zusammengeraucht“
Wie ist das, wenn man als militante Nichtraucherin ständig mit T-Shirts herumläuft, auf denen steht: „100 Milliarden pro Jahr volkswirtschaftlicher Schaden durch Raucher = 2 Golfkriege“?
In fünf Jahren hat sich höchstens eine Handvoll Raucher aufgeregt. Neunzig Prozent der Bevölkerung stimmen mir zu, ob auf der Straße oder in der Oper. Ich bin übrigens nicht militant. Jede Zigarette ist Krieg.
Haben Sie jemals geraucht?
Ich kann mich nicht konkret an eine Zigarette erinnern.
Wann begann Ihr Engagement gegen das Rauchen?
Angefangen hat das in den siebziger Jahren. Da bin ich auf einem Autobahnparkplatz aus einem Tourneebus ausgestiegen, weil die Orchesterleute partout nicht auf meine Bitte gehört haben, das Paffen aus Rücksicht auf meine Stimme und meine Bronchien zu lassen. Die mußten alleine weiterfahren, ich bin nach Hause getrampt.
Arbeiten Sie mit dem örtlichen Nichtraucher-Bund zusammen?
Die überwiegende Mehrheit dort bescheidet sich mit dem Wunsch nach Nichtraucherräumen, in denen sie ihren Hobbys nachgehen können.
Sie wollen mehr?
Für mich wären amerikanische Zustände wünschenswert. Ich kann doch hierzulande auf keinen U-Bahnhof, in kein Büro, in kein Restaurant gehen, ohne von Rauchern belästigt zu werden.
Für Helmut Kohl, den Unflat – ja, ich nenne ihn nur noch den Unflat –, ist Rauchen kein Thema. Im Weißen Haus sieht es dagegen ganz anders aus: totales Rauchverbot unter Hillary. Physisch am
Sie ist Sopranistin, passionierte Leserbriefschreiberin und Nichtraucheraktivistin. Die Frau in den mittleren Jahren stammt aus Bayern und singt in Berlin. Dem inzwischen verstorbenen Zigaretten- und Medienmanager Günter Wille wünschte sie 1991 „das marktwirtschaftliche Wachstum Ihres Magengeschwürs und Ihres Lungenkrebses“.
Rauchen gehindert wird in den USA zwar auch niemand, aber dort wird der Aschenbecher den Leuten so lange unters Kinn gehalten, bis sie ihre stinkende Gauloises ausspucken. Das ist die Sprache, die ich mir wünsche. Rauchen nur noch außerhalb der Gebäude! Raucher dahin, wo die Mülltonnen stehen!
Für Raucher als Suchtkranke haben Sie kein Verständnis?
Wer soviel Schaden anrichtet, für den kann ich kein Verständnis haben. Zehntausend tote Passivraucher in der BRD pro Jahr, das sind ebenso viele wie die Verkehrstoten. Und dann muß man noch bedenken: die Passivraucher sind sämtlich unschuldig, während bei Verkehrstoten auch Schuldige dabei sind!
Was die Schäden des Rauchens angeht, ziehen Sie Vergleiche mit den Weltkriegen und bezeichnen die Tabakindustrie als „staatlich subventionierten Völkermörder“. Damit verharmlosen Sie das Massenmorden.
Es geht gar nicht mehr anders. Das nicht so zu benennen, wäre eine Verhöhnung der Nichtrauchertoten. Die Nichtraucher machen ein Martyrium mit, wenn sie jeden Tag im Büro auf das unwürdigste darum bitten müssen, das Rauchen zu lassen. Die werden zusammengeraucht, bis sie Krebs kriegen, bis sie tot sind.
Sie sind auch Nichtwählerin. Hat das was mit dem Nichtrauchen zu tun?
Das hängt ganz klar zusammen. Die Grünen waren zwar gegen Olympia 2000, aber sie waren weder gegen den Umzug Bonn– Berlin, noch haben sie einen konsequenten Nichtraucherschutz im Programm. Wieso soll ich da wählen? Interview: kotte
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