Deutscher Pinterest-Klon: Offene Hommage an das Original
Die Samwer-Brüder bauen gerne erfolgreiche Websites aus den USA nach. Wieviel sie tatsächlich kopieren, wurde kürzlich bei ihrem „Pinterest“-Klon deutlich.
BERLIN taz | Sobald in den USA ein neuer interessanter Dienst auftaucht, sieht man etwas weiter hinten am Horizont drei lustige Gestalten auftauchen, die ihm, Unverständliches rufend, hinterherjagen. Das sind die Samwer-Brüder.
Ihr Prinzip ist einfach: Man nehme ein vielversprechendes Geschäftsmodell, baue es möglichst detailgenau nach, gebe ihm einen bescheuerten Namen und versuche, damit in Deutschland zu landen; sie sind die wahrscheinlich bestbezahlten Übersetzer hierzulande.
So machten sie es von Beginn an, Ebay zu Alando, Youtube zu MyVideo, Groupon zu Citydeal. Unverständlich, warum ihr neue Investment-Firma Rocket Internet heißt: Kamino wäre viel naheliegender. Das ist der Planet, auf dem in Star Wars – Episode II die Klonkriegerarmee hergestellt wird.
Das nächste große Ding aus den Staaten heißt Pinterest und ist eine Art persönliches Schwarzes Brett: Sobald man angemeldet ist, kann man Bilder aus dem Netz auf einer eigenen Profilseite anlegen. Das nächste große Ding der Samwer-Brüder heißt Pinspire und ist eine Art persönliches Schwarzes Brett: Sobald man angemeldet ist, kann man Bilder aus dem Netz auf einer eigenen Profilseite anlegen.
Karl Jo Seilern, CEO von Pinspire, hat die Existenzberechtigung seiner Firma damit erklärt, dass ja in Deutschland und den USA verschiedene Bilder Interesse hervorrufen, zum Beispiel seien in Deutschland die Hochzeitstorten kleiner. Die Brötchen auch, Herr Seilern!
Vielleicht ist es eine Hommage an das große Vorbild, dass Pinspire halb fertige AGB ins Netz gekübelt hat: Unter Punkt 7, Hinweise auf Rechtsverletzungen, hat die juristische Abteilung geschickt einen Hinweis auf das Original versteckt. Sollte es kein Kontaktformular geben, durch das Urheberrechtsverletzungen angezeigt werden könnten, wie das bei Pinterest der Fall sei, solle der Verantwortliche nochmal Rücksprache halten: dann müsse man sich selbst was erarbeiten.
„Wir sind ein junges Startup“
Und das kann ja nicht Sinn eines Web 2.0-Startups sein, schließlich geht es da in erster Linie darum, Geld abzugraben und mit dem Rest möglichst wenig zu tun zu haben. Das ist in der Unternehmensphilosophie bereits mit angelegt: Dienste wie Pinterest und Pinspire sind Brutstätten der Urheberrechtsverletzung.
Mit sowas will man bei Pinspire übrigens gar nichts zu tun haben, weswegen es da zur Praxis geworden ist, Urheber eingebundener Fotos anzumailen und zu fragen, ob es in Ordnung sei, dass sie die Bilder verwenden. Besonders schön die Schlussfloskel: „Wir sind ein junges Start-Up aus Berlin. Wir wollen niemanden verletzen!“ Wobei man da natürlich fragen muss, warum sie es darauf anlegen, dass nicht wenige Juristen nach Lektüre das immense Bedürfnis verspüren dürften, den Kopf gegen die Tischplatte zu donnern.
Denn, wie Rechtsanwalt Henning Krieg anmerkt, es ist ja offensichtlich, dass die Urheberrechtsverletzung zu diesem Zeitpunkt schon stattgefunden hat; mit dieser Mail kann sich zwar Pinspire aus der Affäre ziehen, nicht allerdings der Nutzer. Krieg schlägt eine passendere Formulierung für die Benachrichtigung vor, etwa: „Entschuldigung, hätten Sie vielleicht Interesse daran, unseren Nutzer abzumahnen?“
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