Deutscher Basketballer mit NBA-Format: Der unglaubliche Schröder

Scouts verschiedener NBA-Klubs kommen nach Deutschland, um den 19-jährigen Dennis Schröder zu beobachten. Sein Ego ist schon jetzt riesig.

Dennis Schröder beim Allstar-Spiel der Basketball-Bundesliga. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist dieser Blick, der irritiert. Herausfordernd, spöttisch, ein wenig arrogant. Dennis Schröder weiß, was er kann. Und demonstriert das gerne. Wenn er seinen Gegenspieler auf dem Parkett fixiert, als wollte er sagen: Du willst mich aufhalten? Okay, versuch’s, es wird dir nicht gelingen.

Es ist beileibe nicht nur diese Attitüde, die Schröder zur derzeit größten Attraktion in der Basketball-Bundesliga macht. Wir sprechen hier nicht über einen gestandenen Basketballer, sondern einen jungen Mann, der sich manchmal noch wie ein Pubertierender verhält. Dennis Schröder ist 19 Jahre alt und wurde am Freitag sowohl zum besten Nachwuchsspieler als auch zum meist verbesserten Spieler („Most improved Player“) der Liga gewählt.

Das Ergebnis der Experten-Abstimmung ist keine Überraschung. Der deutsche U20-Nationalspieler ist zweitbester Korbjäger in seinem mit US-amerikanischen Profis gespickten Team der New Yorker Phantoms Braunschweig und, lässt man den eingebürgerten Bamberger Anton Gavel außen vor, bester deutscher Scorer der gesamten Liga mit im Schnitt zwölf Punkten pro Spiel. Im Vergleich zur letzten Saison hat er seine Einsatzzeit bei den Niedersachsen um satte 17 Minuten auf jetzt 25 Minuten pro Partie gesteigert. Bei der 65:80-Niederlage am Samstag in Ludwigsburg spielte er nur knapp 18 Minuten, erzielte aber immerhin elf Punkte.

Headcoach Kostas Flevarakis schenkt dem Youngster nicht notgedrungen, weil jeder Verein in der Bundesliga eine Deutschen-Quote (sechs Akteure pro Mannschaft müssen einen deutschen Pass besitzen) erfüllen muss, das Vertrauen, sondern weil an dem frechen Spielmacher kein Vorbeikommen mehr war. Im Training klaute er schon im letzten Jahr seinen hoch bezahlten und routinierten amerikanischen Teamkollegen unentwegt den Ball, jetzt darf er es auf der großen Bühne tun.

Endlich, dürfte Schröder denken, denn schon in der Saison 2011/12 sah sich der junge Mann zu Höherem, sprich zu mehr Spielzeit, berufen. Weil das die damals Verantwortlichen, Trainer Sebastian Machowski und Sportdirektor Oliver Braun, noch anders sahen, gab es Stress hinter den Kulissen. Schröder agierte lustlos, schwänzte Trainingseinheiten, wurde schließlich sogar für ein Spiel suspendiert.

Basketball nur nebenbei

Für seinen Entdecker Liviu Calin waren solche Eskapaden keine Überraschung: „Ich kenne Dennis, seitdem er sieben Jahre alt ist; er ist mir damals schon aufgefallen, als er im Braunschweiger Prinzenpark Skateboard gefahren ist und nebenbei Basketball gespielt hat. Ab der fünften Klasse habe ich ihn unter meine Fittiche genommen. Dennis war schon damals ein Rebell, undiszipliniert – ein Kind eben. Andererseits aber auch unglaublich talentiert“, erinnert sich der langjährige Ko-Trainer des Braunschweiger Erstligisten.

Schröders Riesenego war damals ein Riesenproblem, heute hilft es ihm, Woche für Woche in Deutschlands höchster Liga für Aufsehen zu sorgen. Brillis im Ohr, gepolsterte Arm- und Beinschoner, als wolle das 70 Kilo leichte Fliegengewicht auf dem Spielfeld in den Krieg ziehen: Dennis Schröder ist ein Typ, nach dem sich die Liga schon seit Langem sehnt. Sie braucht Charaktere, die sie vermarkten kann. Wielange das mit Schröder, dessen Vertrag in Braunschweig bis Sommer 2014 läuft, noch möglich ist, weiß freilich niemand.

Am Sonntag saß er schon im Flieger nach Portland. In der amerikanischen Metropole wird er – als erst siebter Deutscher – eine Woche lang mit den größten U19-Talenten aus Europa trainieren. Abschluss ist dann das legendäre Nike-Hoop-Summit-Turnier, bei dem sich die Europa-Auswahl mit den herausragenden amerikanischen Talenten dieses Jahrgangs messen wird.

Agenten und Klubs aus der ganzen Welt werden Augenzeuge dieser Partie sein, bei der vor 15 Jahren der Stern des besten deutschen Basketballers aller Zeiten aufging: Dirk Nowitzki, bis dato ein unbekannter 19-jähriger Schlaks, führte damals die Europäer mit 33 Punkten und 14 Rebounds zum überraschenden Sieg über die US-Auswahl – der Rest ist Geschichte.

Schnell, selbstbewusst, dürr

Ob Schröder, Sohn eines Deutschen und einer ghanaischen Mutter, einmal in Nowitzkis Fußstapfen treten kann, ist ungewiss. Mit einer Größe von 1,86 Meter und einem filigranen Körper ist er nicht gerade der Prototyp eines NBA-Spielers. Sein Biss in der Verteidigung, seine extreme Schnelligkeit und sein Selbstbewusstsein scheinen diesen vermeintlichen Nachteil aber kompensieren zu können.

Kürzlich beim Auswärtsspiel in Bamberg waren Scouts der NBA-Klubs Portland, Detroit und Utah, um sich Schröder live anzuschauen. Sein Agent, Exprofi Ademola Okulaja, dürfte neben dem Sichten der zahlreichen Angebote viel damit zu tun haben, dass sein begabter Schützling nicht die Bodenhaftung verliert. Denn eigentlich sind sich alle einig: Dennis Schröder hat das Talent, es ganz nach oben zu schaffen.

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