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■ Deutsche Tornados sollen Bihać entsetzenGermans to the front?

Welche Ehre für die Bundeswehr. Ohne die Bundesluftwaffe, genauer acht Tornado-Jagdbomber, ist die Nato in Bosnien nicht mehr handlungsfähig, können die Blauhelme nicht mehr geschützt und erst recht die Zivilbevölkerung in Bihać nicht gerettet werden. Stellen Kohl, Kinkel und Rühe sich stur, wäre die westliche Militärallianz in Bosnien am Ende, würde sich ihre Mission als Fehlschlag erweisen.

Ganz anders sehe es mit den formidablen deutschen Fliegern aus. Die technische Wunderwaffe, über die in Europa sonst niemand verfügt (was ist eigentlich mit den Fliegern auf den US-Flugzeugträgern?), würde im nu die serbischen Luftabwehrstellungen ausschalten, die Serben, so ihres Schutzes beraubt, verlören die Courage und würden ihren Belagerungsring um Bihać aufgeben und fluchtartig das Kriegsgebiet verlassen. Damit wären nicht nur die Blauhelme aus Bangladesch – die nach Auffassung westlicher Reporter sowieso nicht verstehen, was ihnen eigentlich widerfährt – gerettet, sondern mit einem Schlag natürlich auch die Zivilbevölkerung in Bihać. Die Lebensmitteltransporter könnten wieder rollen und selbst Butros Ghali könnte sich wieder nach Sarajevo trauen. Wer hätte das noch vor wenigen Tagen der Bundeswehr zugetraut?

Aber Kinkel ziert sich noch. Gar nicht zu reden von den Sozialdemokraten, den Grünen und der PDS. Die Fronde der Bedenkenträger ist mal wieder schneller als selbst ein Überschalljet. Der Einsatz in Jugoslawien sei schon aus historischen Gründen kontraproduktiv (deutsche Flieger stacheln die Serben erst recht an), militärisch sei für die Nato in Bosnien sowieso nichts zu holen ( hätten ja selbst die Amerikaner erst jüngst zugegeben), und überhaupt sollten die Deutschen sich nicht ausgerechnet zu einem Zeitpunkt in ein militärisches Abenteuer stürzen, wo alle anderen schon auf dem Rückzug sind. Man kenne das ja aus anderen Konflikten – der Einstieg sei leicht, aber der Ausstieg um so schwerer. Außerdem solle der erste deutsche Militäreinsatz nach Hitler doch im Konsens erfolgen. Tatsächlich aber hätte der Bundestag noch keine Debattenminute an den Einsatz der Bundeswehr außerhalb des Nato-Vertragsgebietes erübrigt, es gebe kein Entsendegesetz, keinen außenpolitischen Prioritätenkatalog, rein gar nichts. Wahrscheinlich wird es also nichts mit der Rettung der Bangladescher durch die Deutschen.

Ein Vorschlag zur Güte: Tornado-Leasing. Die Nato mietet die deutsche Wunderwaffe, die Bundeswehr überpinselt vorher die Hoheitszeichen und die Nato malt ihren Stander drauf. Dann können die Blauhelme, die Moslems und die Ehre der Nato gerettet werden. Die paar Mark wird die Nato doch wohl noch übrig haben. Jürgen Gottschlich

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