Deutsche Entwicklungszusammenarbeit: Qualität statt Quantität gefordert
Anlässlich der Konferenz von Accra fordert Deutschland eine bessere Koordination und Kontrolle von Entwicklungshilfe. Es könnte bei sich selbst anfangen.
BERLIN taz Deutschland will sich auf der Konferenz von Accra als Reformer profilieren. "Ich werde in Accra dafür eintreten, dass die Wirksamkeit der Hilfe weiter verbessert wird", sagt Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). "Dazu müssen die Geber die Transparenz in ihrer Zusammenarbeit deutlich verbessern und die Koordinierung weiter ausbauen. Und auch die Entwicklungsländer müssen ihre Politik transparenter gestalten, die Rechte von Parlamenten, Rechnungshöfen und der Zivilgesellschaft stärken und die Korruption konsequent bekämpfen."
Die Verwirklichung dieser guten Absichten sei erst ansatzweise gelungen, bilanziert das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in einer Studie zur Umsetzung der Paris-Erklärung zur Wirksamkeit von Entwicklungshilfe aus dem Jahre 2005, um deren Weiterentwicklung es in Accra geht. "Insgesamt zeigt sich, dass Deutschland die Umsetzung der Paris-Erklärung aktiv angegangen ist und zum Teil auch besser dasteht als der Geberdurchschnitt, aber bis 2010 noch deutliche Anstrengungen unternehmen muss", heißt es.
Sehr viel besser funktioniere heute die Zusammenarbeit mit den Empfängern: Waren 2005 erst 37 Prozent der technischen Zusammenarbeit in Ab- und Übereinstimmung mit den Strategien der Empfängerländer erfolgt, seien es 2007 bereits 72 Prozent gewesen. Die Zusammenarbeit zwischen Gebern hingegen hinke: Der Anteil von Entwicklungszusammenarbeit, der "in programmbasierten Ansätzen mit mehreren Gebern erfolgt", sei von 2005 bis 2007 nur von 20 auf 34 Prozent gestiegen.
Als Vorteil wird in der Studie der Kabinettsrang der deutschen Entwicklungszusammenarbeit genannt, ebenso die große Erfahrung durchführender Organisationen und ihre gute Vertretung vor Ort. Negativ vermerkt werden die große Zahl voneinander unabhängig arbeitender Organisationen und die Bindung bilateraler Entwicklungshilfe an Direktleistungen aus Deutschland.
Teils zu enge Kooperation mit nicht immer demokratischen Regierungen, wenig Abstimmung mit anderen Gebern, Bevorzugung deutscher gegenüber lokalen Experten - diese Schattenseiten deutscher Entwicklungszusammenarbeit ärgern so manche Kritiker. Pünktlich zur Konferenz von Accra wurde gestern ein "Bonner Aufruf" für "eine andere Entwicklungspolitik" veröffentlicht, entwickelt im Umfeld des Publizisten und Gründers des Hilfswerks "Cap Anamur", Rupert Neudeck. "Unsere Politik hat versagt", heißt es darin. Gefordert werden "die Neuorientierung der Zusammenarbeit hin zu gesellschaftlichen Gruppen", die Konzentration der Hilfe auf Bildung, Mikrokredite und Infrastruktur und "die Entscheidungsbefugnis über bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auf die deutschen Botschaften zu übertragen". Zu den Unterzeichnern (www.bonner-aufruf.eu) gehören Journalisten, ehemalige Botschafter und Experten sowie Politiker wie der ehemalige grüne Staatsminister Ludger Volmer. "Abenteuerlich" nennt die Forderungen aber beispielsweise der langjährige Entwicklungsexperte Konrad Melchers.
In Accra verfolgt die Bundesregierung andere Ansätze. Eine "verbesserte Arbeitsteilung" wird angestrebt: "Deutschland hat die Zahl seiner Partnerländer bereits deutlich reduziert", vermeldet das Bundesentwicklungsministerium als Errungenschaft. Weiter geht es um die Qualifizierung von Fachpersonal sowie verbesserte Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Verwendung von Geldern. Hierbei solle der Zivilgesellschaft und den Parlamenten eine Kontrollfunktion zukommen.
DOMINIC JOHNSON
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