: Deutlich beschleunigte Abschiebeverfahren
■ Schleswig-Holstein reagiert auf Überbelegung / Knäste dichtgemacht
Schotten dicht heißt es jetzt in vier von sechs Haftanstalten Schleswig-Holsteins für abgelehnte AsylbewerberInnen. Per Erlaß des Kieler Justizministeriums dürfen die Vollzugsanstalten die Pforten für Abschiebe-Häftlinge schließen, „wenn der Strafvollzug gefährdet erscheint“; vier machten jetzt davon Gebrauch.
Laut einer Umfrage unter Insassen und Bediensteten der Justizvollzugsanstalten (JVA) Flensburg, Itzehoe, Neumünster, Kiel und Lübeck ist durch die wachsende Überbelegung „das Maß des Erträglichen erreicht“. Das Kieler Justizministerium bezeichnete die Lage gestern als „ernst“.
Aus diese Grund schieben das Landesamt für Ausländerangelegenheiten in Itzehoe und die Kommunen abgelehnte AsylbewerberInnen im Schnellverfahren ab. „Die Abschiebeverfahren werden deutlich beschleunigt durchgezogen“, läßt Landesamtsleiter Friedrich Kortüm durchblicken. Das werde auch noch einige Monate so bleiben.
Nach der Beschleunigung der Asylantragsverfahren seit 1. Juli 1993 ist die Zahl der abgelehnten AntragstellerInnen in Schleswig Holstein stark angestiegen. 1991 mußten nur zwölf abgelehnte Asylsuchende im Knast auf ihre Abschiebung warten, jetzt sind es bereits 131. Justiz- und Innenministerium prüfen nun alternative Unterbringungsmöglichkeiten, diskutiert werden ausgediente Kasernenanlagen wie die in Blankensee bei Lübeck. Eine kurzfristige Entschärfung der Situation sei dennoch nicht in Sicht, hieß es aber.
Hamburg hatte aus ähnlichem Anlaß im vergangenen Monat auf dem Gelände der Vollzugsanstalt Glasmoor (Norderstedt) Container für 84 Abschiebehäftlinge errichtet. Laut Justizbehörde sind davon derzeit erst rund die Hälfte belegt.
dpa
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