Der niedersächsische Hühnermillionär Anton Pohlmann ist endlich dort, wo er hingehört: im Knast. Weil er seine Legehennen illegal mit Nikotin besprühte und seine Mitarbeiter dabei vergiftet wurden, griff der Staatsanwalt zu. Auch Pohlmanns

Der niedersächsische Hühnermillionär Anton Pohlmann ist endlich dort, wo er hingehört: im Knast. Weil er seine Legehennen illegal mit Nikotin besprühte und seine Mitarbeiter dabei vergiftet wurden, griff der Staatsanwalt zu.

Auch Pohlmanns Sohn Stefan wurde festgenommen.

Der Hühnerbaron bleibt in Käfighaltung

„Wir hatten konkrete Hinweise auf eine geplante Flucht des Herrn Pohlmann“, erklärte gestern der Sprecher der Oldenburger Staatsanwaltschaft, schon bevor der Amtsrichter endgültig die Inhaftierung des Agroindustriellen Anton Pohlmann und seines Sohnes Stefan anordnete. Tierschützer hätten den Hühnerbaron am liebsten schon vor 12 Jahren hinter Gittern gesehen, als sie den Herrn über 10 Millionen Hennen zum „Obertierquäler“ erklärten.

Ihren Haftantrag begründete die Staatsanwaltschaft mit dem Tatverdacht der schweren Körperverletzung. Sie stützte sich dabei vor allem auf die Zeugenaussage des ehemaligen Pohlmann-Mitarbeiters Fikret Özdemir. Der hatte Pohlmannsche Legehennen zur Milbenbekämpfung mit Nikotin besprühen müssen und sich dabei schwere Vergiftungen und Verletzungen zugezogen.

Özdemir erhielt für seine Arbeit weder Schutzkleidung noch Gasmaske. Er wurde auch nicht auf die Vergiftungsgefahr hingewiesen. Nach einem Schwächeanfall war der Pohlmann-Mitarbeiter gestürzt, das Desinfektionsmittel floß ihm über mehrere Körperpartien und hinterließ schwere Hautgeschwüre. Zudem stellte sich eine lebensbedrohliche Atemnot ein. Zwei weitere Pohlmann-Mitarbeiter haben den Hergang bestätigt.

Noch heute leidet der Haupbelastungszeuge an den schweren Folgen der Nikontinvergiftung. Große Partien seiner Haut sind offenbar dauerhaft geschädigt.

Mit dem illigalen Nikotineinsatz in seinen Ställen hat Hühnerbaron Pohl gleichzeitig gegen weitere Gesetze verstoßen: Gegen das Arzneimittelgesetz, denn das Rauchergift ist als Tierarznei nicht zugelassen. Gegen das Lebensmittelgesetz, denn das Nikotin konnte auch in den Pohlmann-Eiern nachgewiesen werden. Zunächst hatte man das Gift nur im Gefieder der besprühten Legehennen entdeckt. Außerdem wird dem Hühnerbaron wieder Tierquälerei vorgeworfen.

Pohlmanns Aufstieg begleitete von Anfang an eine Kette von Skandalen und Gesetzesverstößen. Schon 1984 rief der deutsche Tierschutzbund zum Boykott gegen den Massentierhalter aus Neuenkirchen im Landkreis Vechta auf. Seine Goldhuhn-Eier kamen auf den Index. Nirgendwo sonst im Südoldenburgischen hatten die Käfighennen so wenig Platz wie bei Pohlmann – im Schnitt gerade 364 Quadratzentimeter.

In die Drahtkäfige, in die höchstens fünf Hühner zusammengepfercht werden dürfen, hatte Pohlmann sechs oder sieben gesperrt. Immer wieder wurde er in der Folgezeit zu hohen Geldstrafen verurteilt: mal, weil in einem Stall 345.000 statt der zugelassenen 130.00 Hühner gehalten wurden. Mal, weil er nicht genehmigte Legebatterien betrieb. Mal, weil er die Eier durch ein falsches Verpackungsdatum frisch gemacht hatte. Dann brachte er salmonellenverseuchte Eier in den Handel.

Mit einer Salmonellenepidemie in einem seiner Ställe begann auch Pohlmanns Ausstieg aus der industriellen Eierproduktion. Im Jahre 1994 mußten in einem seiner Betriebe mindestens 60.000 mit Salmonellen infizierte Hühner einen qualvollen Hitzetod sterben. Die Klimaanlage abzuschalten war die billigste Tötungsmethode.

Als ihm das Landwirtschaftministerium daraufhin das Haltungsrecht aberkennen wollte, verzichtete Pohlmann von sich aus. Er blieb aber Besitzer seines Eierimperiums.

Nicht nur die Hühner hatten bei Pohlman zu leiden, auch die Mitarbeiter. Illegale Beschäftigungsverhältnisse seien bei dem Hühnerbaron an der Tagesordnung gewesen, behauptet der Tierschutzbund. Ehemalige Mitarbeiter berichten auch davon, daß Pohlmann über Kontrollen der Veterinärbehörden regelmäßig vorab informiert worden sei.

Pohlmann konnte sich lange Zeit auf das für das Südoldenburgische typische Zusammenspiel von Politik und Agrarindustrie verlassen. Als er sich im Jahre 1984 zum erstenmal mit dem Vorwurf der Tierquälerei konfrontiert sah, nehm der niedersächische Landwirtschaftminister Gerhard Glup (CDU) seine Parteispenden noch in bar an der Haustür entgegen. „Die Staatsanwaltschaft soll jetzt bereinigen“, sagte gestern ihr Sprecher Gerhard Kayser, „was die Politik in Jahrzehnten versäumt hat.“

Aus dem erst vor zwei Tagen abgewickelten Verkauf des Pohlmannschen Eierimperiums an die deutsche Frühstücksei GmbH ist jetzt ein neuer Eiermulti entstanden, der 75 Prozent des deutschen Marktes beherrscht. Das Kartellamt wurde dabei nicht gefragt. Die agrarindustrielle Eierproduktion gilt immer noch als Landwirtschaft. Für diese fühlt sich das Kartellamt schlicht nicht zuständig. Jürgen Voges, Hannover