HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER : Der ärgste Feind
„Seht den Graureiher, habt ihr gesehen, den Graureiher?“ Wie beruhigend, die Kindergärtnerin gewährt einer Gruppe von beschneeanzugten, rotbäckigen Kindern erste Eindrücke in die Ornithologie. Und hier im Park, mitten in der Stadt, gibt es sogar Gelegenheit dazu. Auf dem Eis des Tümpels sind einige Löcher, wo goldene Zierfische herumschwimmen und ihre Schwänze wedeln, und um die Eislöcher scharen sich Reiher und Krähen und Enten und Möwen, als seien sie gerade aus einem Eisfischerreisebus herausgeströmt.
Eine Krähe hat einen silbernen Fisch. Er ist kleiner als die Ziergoldfische und hat eine andere Farbe. Ein paar Möwen stehen unglücklich um die Krähe herum. Hatte eine von ihnen ihn gar vom Hafen hierher gebracht? War er von einem Lieferwagen heruntergefallen, hatte eine, hatten zwei ihn in Sicherheit getragen, in den Park? Oder kam er von einem Fischfeinkostgeschäft, aus den Colonnaden, war eine Möwe, ein unscheinbarer Agent, plötzlich heruntergeschossen und mit Fisch im Schnabel zum nächsten Unterschlupf geflogen?
Wie dem auch sei, die Krähen haben den Möwen die Ausbeute ihres Fangs verleidet. Mit dicken Schultern boxen sie nach rechts, nach links, stellen sich auf den Fisch drauf, um Fetzen aus ihm herauszureißen. Ist am Ende gar der größte Feind der Möwe – die Krähe?